Babys vertrauen ihrem Instinkt

Die Geburt des ersten Kindes ist wie ein Sprung ins kalte Wasser. Plötzlich Mutter – verantwortlich für ein winziges Bündel Leben. Jede Situation mit Baby ist eine komplett neue Lebenserfahrung. Wie gut, dass es Hebammen wie Susanne Steppat gibt! Ein Interview.

 

Die Betreuung einer Hebamme endet nicht mit der Geburt, ganz im Gegenteil. Welche Veränderungen prägen die ersten Tage?
In medizinischer Hinsicht achte ich bei der Mutter auf die Brüste sowie Rückbildungsvorgänge, Verletzungen und Nähte, hauptsächlich im Intimbereich. Beim Baby beobachte ich insbesondere sämtliche Vitalfunktionen, die Haut und die Gewichtszunahme. Ein Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung der Mutter beim Stillen.

 

Haben junge Eltern anfangs Berührungsängste?
Natürlich, sie tragen Verantwortung für das Baby und sind mit völlig neuen Aufgaben betraut. Viele wagen sich zunächst nicht so recht an den Nabelbereich, die Augen und den Intimbereich des Kleinen heran. Davor nehme ich ihnen die Angst.

 

»Eltern brauchen die acht Wochen Hebammenbetreuung nach der Geburt, um sich in der neuen Situation zu finden.«

 

Müssen sich Mama und Baby erst kennenlernen?
Jedes Mutter-Kind-Gespann ist ein individuelles Team. Beide lernen, sich aufeinander einzulassen und die Sprache des anderen zu lesen. Die Verbundenheit und ein instinktiver Umgang miteinander entwickeln sich. Für viele Mütter gibt es irgendwann kein Ich mehr, sondern nur noch ein Wir.

 

Plötzlich Verantwortung für ein hilfloses Neugeborenes zu tragen, macht auch Angst…
Ja, die Zeit nach der Geburt brauchen die Eltern für ihren persönlichen psychosozialen Entwicklungsprozess. Nicht umsonst spricht man vom »Wochenbett«, also mehreren Wochen Gewöhnungsphase. Es braucht Zeit, bis Eltern ihre Unsicherheit ablegen und ihre neue Rolle verinnerlicht haben.

 

Sollten Mütter mehr Selbstvertrauen haben?
Es gilt, ein grundlegendes Vertrauen in sich als fähige Mutter zu entwickeln. Manchmal müssen Frauen (wieder) lernen, auf ihren Instinkt zu hören und danach zu handeln. Lernen, Bedürfnisse und Erfahrungen zu erkennen und einzuordnen. In der Regel ist es gut so, wie die Mutter handelt. Ich versuche, den von mir betreuten Müttern auf den Weg zu geben: Wenn du glücklich bist, ist auch das Baby glücklich.

 

»Mütter haben ähnliche Fragen, aber es gibt unterschiedliche Lösungen.«

 

Ein Problem vieler Mütter: der neue Tagesablauf.
Ich rate werdenden Eltern, vor der Geburt zu klären, wie die erste Zeit mit Baby organisiert werden kann. Das Stillen oder Füttern und die Betreuung des Babys kosten viel Zeit und Kraft. Das Ziel ist ein Arrangement zwischen eigenen Bedürfnissen und der Verantwortung für das Kind, mit dem alle zufrieden sind.

 

Was ist mit den gut gemeinten Ratschlägen?
Die können ein Problem werden, wenn Eltern sich zu sehr beeinflussen lassen. Frischgebackene Mütter sind da sehr empfindsam und reagieren häufig mit einem sogenannten Milchstau. Jedes Mutter-Kind-Team hat eigene Bedürfnisse und Gewohnheiten. Vergleiche und Leistungsdruck sind nicht angebracht.

 

Warum legt der Deutsche Hebammenverband besonderen Wert auf eine enge Mutter-Kind-Bindung?
Das Bonding, also der intensive Hautkontakt von Mutter und Kind, bewirkt eine verstärkte Ausschüttung des Hormons Oxytocin. Das stärkt die Bindung und bildet die Basis für eine liebevolle Beziehung. Das Haut-an-Haut-Liegen passt wunderbar zum Entwicklungsstand des Babys, das sich stark an Gerüchen orientiert.

Die Situation in Deutschland ist angespannt, einige Schwangere suchen lange nach »ihrer« Hebamme. Zurzeit herrscht ein Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Einige Hebammen arbeiten nicht in Vollzeit oder nur in bestimmten Bereichen, daher kommt es manchmal bei der Wochenbettbetreuung zu Engpässen. Und der Anspruch an uns wächst. Ich rate Schwangeren, sich ab dem dritten Monat auf die Suche zu machen und eine Hebamme bereits in die Vorsorge einzubinden. Kliniken und andere Mütter können Hebammen empfehlen. Manche Schwangere hat Sorge, dass eine Hebamme nicht zu ihr »passt«. Das ist unbegründet denn Hebammen arbeiten professionell.

 

»Hebamme ist ein Traumberuf: selbstbestimmt, erfüllend und voller Erfolgserlebnisse.«

 

 

Bei 730.000 Geburten im Jahr haben Hebammen viele Fragen zu beantworten.

Die Hebamme: Unverzichtbar in den ersten Tagen

In den acht Wochen nach der Geburt unterstützt die Hebamme die Eltern beim richtigen Umgang mit dem Neugeborenen. Sie hat ein Auge auf Rückbildung und Wundheilung bei der Mutter sowie die Entwicklung des Kindes und die Mutter-Kind-Beziehung. Bei Still- und Ernährungsproblemen berät sie darüber hinaus. Viele Hebammen bieten Kurse in Rückbildungs- und Beckenbodengymnastik, natürlicher Familienplanung und Babymassage an. Jede Frau kann Hebammenhilfe in Anspruch nehmen. Viele Leistungen werden bei gesetzlich versicherten Frauen von deren Krankenkasse bezahlt, etwa ein Geburtsvorbereitungskurs, die Betreuung im Wochenbett und ein Rückbildungskurs. Übrigens dürfen Hebammen Medikamente direkt an ihre Patientinnen abgeben.
Mehr wissen? www.hebammenverband.de

 

Auch hier im Blog finden Sie weitere Artikel zu den Themen Kleinkind, Schwangerschaft und Stillzeit. Zusätzlich können Sie uns gern ansprechen und befragen, Beratung wird bei uns großgeschrieben.

 

 

Text mit freundlicher Genehmigung der S&D Verlag GmbH. Die komplette „natürlich Frau“ bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke als monatliches Special in der „Naturheilkunde & Gesundheit“.