Schachtelhalm – Ur-Kraut mit Heilkraft

Schachtelhalm ist der Dinosaurier unter den Heilpflanzen. Älter als die Menschheit, aber in seiner Heilwirkung aktueller denn je.

Man schätzt, 95 Prozent der urzeitlichen Tier- und Pflanzenarten sind heute ausgestorben. Doch er hat überlebt: der Schachtelhalm. Er zählt zu den ältesten Gewächsen der Welt.

 

Von Stefanie Deckers

 

Überlebenskünstler

Vor mehr als 400 Millionen Jahren wurden die Ur-Schachtelhalme zu Zeitzeugen, wie sich allmählich das Leben auf der Erde entwickelte – zuerst im Wasser, dann an Land. Lange bevor es Dinosaurier gab, bildete der Schachtelhalm zusammen mit den Farnen die ersten Urwälder. Was im Lauf der Erdgeschichte mit der Erde geschah, konnte den Schachtelhalm nicht erschüttern: ob Eiszeiten oder wüstenartige Hitzeperioden, sintflutartige Regengüsse oder Sonnenverdunkelungen, ob Vulkanausbrüche mit giftigen Gasen oder Meteoriteneinschläge von katastrophalen Ausmaßen. All diese Klimaveränderungen, die die Erde in Millionen von Jahren durchgemacht hat, führten zum Massenaussterben von Lebewesen. Selbst wenn kein Stein mehr auf dem anderen lag, war einer noch da: der Schachtelhalm. Was macht ihn zum unerschrockenen Überlebenskünstler?

 

Fels in der Brandung

Schachtelhalm wurzelt tief in die Erde hinein – bis zu zwei Meter. Das allein macht ihn robust, aber noch nicht so unverwüstlich. Es sind seine Inhaltsstoffe, die ihn zu einem Fels in der Brandung machen. Kaum eine andere Pflanze enthält so viel Kieselsäure (Silizium) wie der Schachtelhalm. Die Rede ist von einem Spurenelement, das einerseits Festigkeit verleiht, andererseits die Aufnahme von Sonnenlicht erhöht. Kein Wunder, dass Schachtelhalm-Extrakte für uns von so großer Bedeutung sind.

Was ist Kieselsäure? Kieselsäure (Silizium) ist das zweithäufigste Element in der Erdkruste und Hauptbestandteil vieler Gesteinsarten. Im menschlichen Körper kommt Silizium in nahezu jeder Zelle vor und dient als „Baustoff“ für Knochen und Zähne, Haare und Fingernägel.

 

Wertvolle Wirkung

Selbst da, wo sonst kaum eine andere Pflanze Wurzeln schlägt, verbreitet sich der Schachtelhalm büschelweise. Vielen Hobbygärtnern ist er ein Dorn im Auge, weil sie in ihm ein „Un-Kraut“ sehen und nicht das wertvolle Ur-Kraut. Mit seinen Inhaltsstoffen ist er gut für Haut, Haare und Fingernägel. Positive Effekte haben seine Extrakte auf Blase und Nieren, Knochen und Gelenke. Selbst bei seelischen Problemen kann der Schachtelhalm Wirkung zeigen.

 

Körper und Seele im Lot

Dr. Marianne Ruoff ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Phytotherapie und sie schwört auf die Heilkraft des Ackerschachtelhalms. Sie sagt: „Seine Pflanzenkräfte stellen die innere und äußere Ordnung wieder her, wenn im menschlichen Körper etwas aus dem Lot geraten ist.“ Seit ihrer Jugend ist die Kräutermedizinerin fasziniert von dieser Ur- Pflanze, die einst aus dem Ur-Meer stammt und sich allen Widrigkeiten zum Trotz an Land durchgesetzt hat. Im menschlichen Körper soll der Schachtelhalm immer dann regulierend eingreifen, wenn der Wasserhaushalt Ärger macht – bei triefender Nase, nässenden Wunden, tränenden Augen und vielem mehr.

 

Für starke Knochen und Zähne

Schachtelhalm ist eine Remineralisierungspflanze. Ihr Hauptwirkstoff ist Kieselsäure, eine Verbindung aus Silizium und Wasser. Silizium ist somit wasserlöslich und kann gut vom Körper aufgenommen werden. Der hohe Mineraliengehalt der Pflanze sorgt für Stabilität der Knochen und Zähne, aber auch des Bindegewebes. Zur Vorbeugung von Cellulite aufgrund einer Bindegewebsschwäche und zur Prävention von Osteoporose (Knochenschwund) empfiehlt Dr. Marianne Ruoff eine Therapie mit Schachtelhalm-Sud. „Mit seinen entzündungshemmenden und wassertreibenden Eigenschaften kann Schachtelhalm abschwellend wirken und rheumatische Beschwerden lindern“, erklärt die Ärztin. „Schachtelhalm-Umschläge“, sagt sie, „tun bei Rücken- und Gelenkschmerzen gut.“

 

Für heile Haut

„Schachtelhalm ist ein gut verträgliches Hautmittel“, meint Dr. Marianne Ruoff. Sie gibt es bei Hauterkrankungen mit nässenden Ekzemen. Schachtelhalm-Bäder lindern den Juckreiz, Bläschen- und Krustenbildung können abklingen. Bei Hautausschlägen durch Pilzerkrankungen sollen Umschläge mit abgekochtem Schachtelhalm-Kraut wirksam sein. „Schachtelhalm“, so die Phytotherapeutin, „hat gewebeheilende Eigenschaften und kann bei schlecht heilenden Wunden, Entzündungen und Reizungen helfen.“

 

Für feste Haare und Fingernägel

Equisetum ist der lateinische Begriff für Schachtelhalm und heißt übersetzt „Pferdehaar“. Dementsprechend soll Schachtelhalm-Tee zum Trinken für kräftiges Haar und starke Fingernägel sorgen. In der Apotheke gibt es Kapseln und Pulvermischungen mit Kieselsäure, die oft mit Biotin, dem Haar-Vitamin, angereichert sind. Bei Haarausfall und brüchigen Nägeln empfiehlt Dr. Marianne Ruoff reine Kieselerde, die in Form einer Kur über mehrere Monate eingenommen wird. Waschungen mit Schachtelhalm-Sud sollen bei Schuppen und juckender Kopfhaut helfen.

 

Für eine gesunde Blase

Schachtelhalm enthält nicht bloß Kieselsäure. Flavonoide und Kaffeesäurederivate wirken entzündungshemmend und krampflösend. Bei den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung wirkt ein Tee aus Ackerschachtelhalm gleich doppelt: Er hilft bei der Ausspülung der Bakterien, weil er die Harnmenge erhöht, gleichzeitig kann er die Anheftung der Keime im Harntrakt verhindern. Gut zur Vorbeugung von Harn- und Nierengrieß. Bei akuten Harnwegsinfektionen rät Dr. Marianne Ruoff zu einer Teemischung aus Ackerschachtelhalm, Brennnesselkraut und Bärentraubenblättern. Zwei bis drei Liter davon pro Tag trinken, dann heilt eine unkomplizierte Blasenentzündung nach wenigen Tagen aus. Bei Fieber, Rückenschmerzen und Blut im Urin lieber zum Arzt gehen.

 

Für schöne Augen

Augen brauchen Kieselsäure. Probleme mit den Augen können sich durch Schwellungen, Entzündungen und Juckreiz äußern. Das sind typische Symptome bei Heuschnupfen. In diesem Fall rät Dr. Marianne Ruoff zu Augenkompressen mit Schachtelhalm-Sud. Eine Bindehautentzündung infolge von Zugluft bessert sich durch Augenspülungen mit einer Abkochung aus Ackerschachtelhalm. Bei tränenden Augen und Fließschnupfen soll die Urtinktur „Equisetum“ aus Ackerschachtelhalm helfen. Equisetum gibt es in Form von Tropfen und homöopathischen Heilmitteln (Globuli) in der Apotheke.

 

Für seelisches Gleichgewicht

Schachtelhalm ist eine Ur-Pflanze, die seit Jahrmillionen alle Naturkatastrophen überlebt hat und sich immer wieder selbst regeneriert hat. „Genauso wirkt sie auf unsere Psyche“, sagt Dr. Marianne Ruoff. „Schachtelhalm bringt wieder Ordnung ins Chaos.“ Wenn wir einen überfüllten Terminkalender haben, vor lauter Stress in schlechter Stimmung sind und eine innere Unruhe den Schlaf stört, dann bringt die Ackerschachtelhalm-Urtinktur die Seele zurück ins Gleichgewicht. „Immer wenn ich Ordnung und Struktur brauche, dann trinke ich Schachtelhalm-Tee“, verrät die Phytotherapeutin. „Schachtelhalm wirkt auf mich beruhigend und hilft mir, den Überblick zu behalten.“

 

Schachtelhalm-Sud selbst gemacht

Zutaten:

  • Getrocknetes Schachtelhalm-Kraut aus der Apotheke
  • 250 ml Wasser
  • 1 Kochtopf mit Deckel
  • 1 Leinentuch

2 EL Schachtelhalm-Kraut in 250 ml Wasser bei geschlossenem Deckel 20 Minuten lang köcheln lassen, abseihen und ein Leinentuch darin tränken. Lauwarm auf die Haut legen und mindestens 30 Minuten lang einwirken lassen.

 

Achtung

Schachtelhalm nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit anwenden. Nicht bei eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit.

 

Haben Sie noch Fragen? Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gern.

 

Naturheilkunde & Gesundheit 7/19
Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Naturheilkunde & Gesundheit“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.