Nadeln auf den Punkt gebracht – Akupunktur

Akupunktur ist längst raus aus der Esoterik-Ecke. Immer mehr Patienten schwören drauf. Doch wie funktioniert diese uralte Heilmethode aus Fernost eigentlich? Unser Experte erklärt’s.

Knapp 3.000 Jahre alt soll die Akupunktur sein und sie gilt als eine Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Hierzulande wurde das Nadelstechen erst in den 1950er Jahren populär, zunächst als medizinische Randerscheinung. Inzwischen hat sich diese ganzheitliche Therapieform durchgesetzt. Rund 15.000 Ärztinnen und Ärzte in Deutschland haben mittlerweile die Zusatzbezeichnung „Akupunktur“. Dr. Thomas Schneider, leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen, ist einer von ihnen und bietet diese Behandlung zur Linderung von Verspannungen, von Schmerzen der Hals- oder Lendenwirbelsäule, aber auch bei Arthrose-Erkrankungen an. „Die Ergebnisse einiger Studien deuten darauf hin, dass Akupunktur bei Beschwerden dieser Art in der Tat wirkungsvoll sein kann“, sagt er. Gelenk- und Rückenprobleme sind aber nicht die einzigen Indikationen, bei denen die feinen Nadeln große Effekte bringen sollen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind es ungefähr 100 Erkrankungen, bei denen Akupunktur infrage kommt, darunter Depressionen und Schlafstörungen. Das ist der Grund, warum Akupunktur selbst in Kurkliniken Einzug gehalten hat. Auch bei Migräne und Tinnitus, bei Allergien und Asthma, zur Gewichtsabnahme und sogar zur Raucherentwöhnung soll die Methode helfen. Aber wie funktioniert sie eigentlich?

365 Punkte, 14 Meridiane

Bei der Akupunktur werden feinste Nadeln in die Haut gesetzt – unterschiedlich tief. Je nach Körperregion sind dies entweder nur wenige Millimeter oder aber doch bis zu drei Zentimeter. Dabei ist es mit oberflächlichem Wissen darüber nicht getan. „In der Traditionellen Chinesischen Medizin existieren etwa 365 Hauptakupunkturpunkte, die auf 14 Leitbahnen verortet sind – auf sogenannten Meridianen, durch die unsere Lebensenergie fließt“, beschreibt Dr. Thomas Schneider. Solche Punkte liegen beispielsweise in oder auf der Hand, an den Beinen und Füßen, entlang der Wirbelsäule, am Ohr oder auf der Stirn. Sie alle stehen jeweils mit einem unserer Organe in Verbindung. Daher sollen sie erheblichen Einfluss auf Körper- und Organfunktionen haben.

Energie im Einklang

Der durch den „Piks“ ausgelöste Reiz soll den Energiestrom des erkrankten Organs oder Organsystems wieder in Einklang bringen, Selbstheilungskräfte stimulieren und so Schmerzen und andere Beschwerden lindern. In der Regel umfasst eine Behandlung etwa zehn bis zwölf Sitzungen von jeweils 30 Minuten.

Akupunktur auf Rezept?

Unter gewissen Voraussetzungen gibt es Akupunktur sogar auf Rezept. Bei verschiedenen Formen der Arthrose, aber auch bei Rückenschmerzen, die etwa auf Haltungsschäden, Skoliose, verschleißbedingten Bandscheiben-Veränderungen oder Wirbelgleiten zurückzuführen sind, übernehmen die meisten Krankenkassen die Kosten dafür. Da ein paar Bedingungen erfüllt sein müssen, lieber vorher einmal nachfragen.

3 Fragen an den Experten Dr. Thomas Schneider, leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen.

Herr Dr. Schneider, worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Akupunktur und Akupressur?

Sowohl Akupunktur als auch Akupressur sind Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Art der Anwendung. Bei der Akupunktur verwenden Therapeuten feine Nadeln zur Stimulation der Akupunkturpunkte. Diese verbleiben 20 bis 30 Minuten im Körper. Für die Akupressur werden die Punkte mit den Fingern gedrückt oder massiert.

Kann es bei der Akupunktur zu Nervenschädigungen kommen?

Bei richtiger Anwendung ist die Akupunktur nebenwirkungsarm. Dennoch können in sehr seltenen Fällen auch Nerven geschädigt werden, insbesondere wenn die Nadeln zu tief ins Gewebe gestochen werden. Diese Komplikation betrifft allerdings weniger als 0,1 Prozent aller Anwendungsfälle.

Kann man eine Akupunktur selbst machen?

Nein, eine Akupunktur sollten Sie nicht selbst durchführen, da es bei falscher Anwendung zu unerwünschten Nebenwirkungen oder Verletzungen kommen kann. Die Behandlung gehört auf jeden Fall in die Hand einer qualifizierten Therapeutin oder eines Therapeuten.

Bei Fragen helfen wir Ihnen natürlich gern weiter und beraten Sie.

Naturheilkunde & Gesundheit 10/24
Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette “Naturheilkunde & Gesundheit” Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.