Ayurveda für den Alltag

Um Ayurveda erleben zu können, müssen Sie nicht nach Indien reisen. Diese ganzheitliche Heilkunst lässt sich ganz einfach in Ihren Tagesablauf integrieren.

Ayurveda – bei dem Begriff denken die meisten von uns an Öl-Massagen und Chai-Tee. In Wirklichkeit steckt viel mehr dahinter, berichtet Stefanie Happ. Es ist das „Wissen vom Leben“, wie Ayurveda frei übersetzt heißt. Diese 4.000 Jahre alte Heilkunst mit indischen Wurzeln lehrt den Weg zu ganzheitlicher Gesundheit und berücksichtigt dabei alle Facetten, die zum Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele beitragen. Gemeint sind damit Rituale für jeden Tag – solche, die frei von Stress sind, die ohne Termindruck auskommen und die Gefühle von Überlastung gar nicht erst entstehen lassen. „Für ein Leben im Einklang“, sagt Melanie Neubert, Ayurveda-Beraterin und Physiotherapeutin, „brauchen wir nicht viel, außer einer natürlichen Tagesstruktur – ganz im Sinn von Ayurveda.“

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Leben nach der Dosha-Uhr

Die Rede ist von „Dinacharya“, den ayurvedischen Tagesroutinen, die unserem ureigenen Wesen entsprechen – sozusagen unserer inneren Uhr, der Dosha-Uhr, wie man im Ayurveda sagt. „Die drei Doshas – Vata, Kapha und Pitta – sind die Grundtemperamente, die den Tag in seine unterschiedlichen Zeitabschnitte einteilen“, erklärt die Ayurveda-Expertin. Vata, Kapha und Pitta wechseln sich alle vier Stunden ab und bilden die Grundlage für eine gesunde, bewusste Lebensweise, die sich nach den biologischen Bedürfnissen richtet. „Keine Sorge“, meint Melanie Neubert, „Sie müssen nicht jeden Morgen um 4 Uhr aufstehen, danach zwei Stunden meditieren. Und nur noch indisch zu essen, das ist auch nicht nötig. Der ayurvedische Lebensstil lässt sich gut auf unsere westlichen Gewohnheiten abstimmen.“

Achtsam durch den Tag

„Ayurveda“, erzählt Melanie Neubert (Ayurveda-Beraterin und Physiotherapeutin in Frankfurt), „ist mein Augenöffner. Seitdem ich ayurvedisch lebe – nach Dinacharya – bin ich seltener krank, weniger erschöpft und gestresst“, erzählt sie. „Ich bin achtsamer, gönne mir Pausen, ernähre mich gesünder und fühle mich lebendiger. Jeder kann das – am besten jeden Tag!“

Ayurvedischer Tagesablauf

Alles kann, nichts muss! Ayurveda ist kein Dogma! Tagesroutinen, die nicht in Ihren Alltag passen, lassen Sie einfach weg. Schon kleine Veränderungen können wahre Wunder bewirken. Probieren Sie es aus!

Vata – Dynamisch in den Tag | 2 bis 6 Uhr

Raus aus den Federn. Zwischen 4 und 5 Uhr wird der Schlaf leichter, Körper und Geist erwachen aus dem Schlummermodus. In dieser ersten Vata-Phase des Tages sind alle dynamischen Prozesse aktiviert. Zeit für eine kurze Meditation, um bewusst in den Tag zu starten.

Kapha – Stille genießen | 6 bis 10 Uhr

In der ersten Kapha-Phase des Tages geht es darum, sich Zeit für die notwendigen Dinge des Lebens zu nehmen. Zuerst ein Glas lauwarmes Wasser trinken, um die Verdauung anzuregen. Darauf folgt das Ölziehen: Einen Esslöffel Sesam-, Sonnenblumen- oder ein spezielles Mundziehöl aus der Apotheke in den Mund nehmen – nicht schlucken –, einige Minuten „kauen“ oder durch die Zähne ziehen. Das Öl nimmt Giftstoffe aus dem Mundraum auf, daher unbedingt ausspucken! Danach mit einem Schaber die Zunge reinigen. Zum Schluss wie gewohnt Zähne putzen. Wer noch Zeit für eine Yoga-Einheit oder einen Spaziergang hat, gibt sich Kraft für den Tag und beugt einem Nachmittagstief vor. Als Kapha-Mahlzeit empfiehlt die ayurvedische Lebensführung ein warmes, magenschonendes Frühstück: Porridge köcheln lassen und mit Früchten garnieren.

Pitta – Volle Kraft voraus | 10 bis 14 Uhr

Das klappt jetzt gut: Organisieren, Planen, Entscheidungen treffen. In dieser produktiven ersten Pitta-Phase verbrauchen wir viel Energie, der Stoffwechsel läuft auf Hochtouren, weshalb um 12 Uhr Zeit für ein eiweißreiches Mittagessen ist. Fisch, Gemüse und Hülsenfrüchte liefern Kraft für den Rest des Tages. Scharfe Gewürze heizen der Verdauung ein.

13 Uhr: Powernapping!

Vata – Positiv denken | 14 bis 18 Uhr

Die Leistungskurve fällt jetzt ab. In dieser zweiten Vata-Phase des Tages ist Zeit für Routinearbeiten – und für positives Denken! Loben Sie sich für das, was Sie heute schon geschafft haben, das pusht das Belohnungszentrum und verringert Stresshormone. Appetit? Nüsse oder Trockenfrüchte snacken, wenn Sie Ihre Konzentration doch noch etwas steigern möchten.

Kapha – Den Tag ausklingen lassen | 18 bis 22 Uhr

Bei Sonnenuntergang schalten Sie langsam runter. Die zweite Kapha-Phase läuten Sie mit der letzten Mahlzeit des Tages ein. Laut Ayurveda kommt jetzt etwas Leichtes auf den Teller: warme Suppe oder gedünstetes Gemüse. Kein Salat, Rohkost und auch keine Milchprodukte, um die Verdauung und somit den Schlaf nicht zu belasten. Nach 20 Uhr ist Entspannung angesagt: lesen, einen Plausch mit den Liebsten halten oder kurz an der frischen Luft spazieren gehen, das hilft beim Abschalten.

Pitta – Energie tanken | 22 bis 2 Uhr

Ab ins Bett und in der zweiten Pitta-Phase des Tages dem Körper Zeit zum Regenerieren geben. Zur Schlummer-Vorbereitung ist der Fernseher besser aus, stattdessen ein Buch aufgeschlagen. Bei einer leichten Lektüre erholt sich der Geist. Auch wenn’s schwerfällt: Im Ayurveda gibt‘s keinen Mitternachtssnack. Weg vom Kühlschrank, bleiben Sie bis zur Vata-Phase im Land der Träume.

Und natürlich stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.

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Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette “Naturheilkunde & Gesundheit” Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.