CBD – Cannabis als Chance

Von der Droge Marihuana zur Heilpflanze Hanf. Cannabis soll bei vielen Erkrankungen helfen. Was sagt der Experte dazu?

Seit drei Jahren können Ärzte Cannabisblüten und die Extrakte aus der Hanfpflanze ihren Patienten verordnen. Die Vergabe erfolgt über ein Betäubungsmittel-Rezept. Vielen schwer erkrankten Menschen haben die cannabishaltigen Arzneimittel bereits geholfen.

In Form von Nahrungsergänzungsmitteln sind Hanfprodukte inzwischen sogar frei verkäuflich – ohne Rezept. Diese unterscheiden sich insofern vom Medizinalhanf, dass sie so gut wie keine berauschenden Substanzen mehr enthalten und dennoch wirksam sind. Skeptiker gibt es trotzdem. Nicht so Hendrik Brettschneider (Gründer und Ideengeber des Bewertungsportals „CannaTrust.eu“). Er ist so überzeugt vom Wirkstoff Cannabidiol, kurz: CBD, dass er seine Informationsplattform gegründet hat. Dort möchte er vor allem Endverbraucher über CBD aufklären. Im Interview erklärt er, welch ein großes Potenzial in der Jahrtausende alten Heilpflanze Hanf steckt.

 

Herr Brettschneider, was hat dazu geführt, dass Sie mit den Vorurteilen über Hanf und Cannabidiol aufräumen möchten?

Cannabisprodukte unterliegen leider noch immer dem generellen Stigma der Illegalität. Lange Zeit dachte ich das auch: Cannabis ist doch eine Drogenpflanze. Vor vier Jahren etwa aber kam ich selbst mit der Wirkung von freiverkäuflichen Cannabidiol-Produkten in Berührung und ich war sofort begeistert von diesem Naturstoff. Allerdings sollte man wissen: Es ist kein Allheilmittel. Außerdem wirkt es bei jedem anders. Trotzdem sollte jeder denkende Mensch Cannabidiol kennen, denn es kann bei vielen Alltagsbeschwerden gut helfen. Das, was ich bereits über CBD gelernt und erfahren habe, möchte ich weitergeben – auf eine leicht verständliche Art und natürlich immer noch kritisch.

 

Die meisten Menschen denken bei Hanf als Erstes an Drogen. Warum gilt Cannabidiol nicht als Rauschmittel?

Hanf ist sehr vielseitig. In der Pflanze stecken mehr als 100 bisher bekannte Wirkstoffe, die unter dem Begriff Cannabinoide zusammengefasst werden. Von einer Droge sprechen wir bei Hanf bzw. Cannabis nur dann, wenn ein ganz bestimmtes Cannabinoid enthalten ist. Die Rede ist vom berauschenden Tetrahydrocannabinol, kurz: THC. Bei den freiverkäuflichen Hanfprodukten fokussieren wir uns aber ganz auf Cannabidiol. Diese Substanz wirkt überhaupt nicht psychoaktiv, im Gegenteil: es wirkt THC sogar entgegen. CBD ist ein natürlicher und vollkommen legaler Bestandteil der Cannabispflanze – und potenziell wirksam ist er obendrein.

 

Wie wirkt CBD? Und bei welchen Erkrankungen kann es helfen?

Es ist nahezu unmöglich, alle Wirkungsweisen von Cannabidiol aufzulisten. Deshalb fasse ich mich kurz: Jeder Mensch besitzt von Natur aus eigene Cannabinoid-Rezeptoren, sie sind Teile des Nervensystems und wichtig für die Verarbeitung von Informationen im Kurzzeitgedächtnis. Schon Babys bekommen über die Muttermilch die perfekte Menge an Cannabinoiden. Sie sind unerlässlich für die körperliche und geistige Entwicklung. Cannabidiol in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ist in erster Linie für Menschen, die gesünder leben möchten. CBD hat vor allem eine entzündungshemmende Wirkung. Es kann das Immunsystem im Kampf gegen Krankheitserreger unterstützen. Viele chronische Beschwerden, z. B. Arthrose oder Multiple Sklerose, bessern sich, wenn therapiebegleitend CBD eingenommen wird. CBD hat eine entspannende und entkrampfende Wirkung auf Muskeln und Nerven. Daher kann es den Schlaf verbessern und bei vielen stressbedingten Erkrankungen hilfreich sein, z. B. bei Burnout, Ängsten und Depressionen. Bei leichter Migräne kann es Schmerzattacken vorbeugen. Studien haben ergeben, dass CBD bei insgesamt über 50 Krankheitsbildern ein gutes Mittel sein kann. Bedenken Sie jedoch, dass CBD-Nahrungsergänzungsmittel keine Medikamente sind, sie haben kein „Health Claim“. Ein Heilungsversprechen gibt es also nicht.

 

Wer kann CBD bekommen und wo?

Jeder kann es ganz legal in der Apotheke bekommen. Vorausgesetzt, er ist volljährig. In Schwangerschaft und Stillzeit ist Cannabidiol jedoch nicht zu empfehlen.

 

Wie wird es angewendet?

Die bekanntesten Cannabidiol-Produkte sind sogenannte CBD-Öle und zur oralen Einnahme gedacht. Mithilfe einer Pipette wird die gewünschte Menge unter die Zunge geträufelt. Am besten mit sehr wenigen Tropfen beginnen und bei Bedarf die Dosierung langsam steigern.

 

Gibt es Nebenwirkungen oder die Gefahr einer Abhängigkeit?

Nein, es besteht keine Abhängigkeitsgefahr. Die Angst vor einem Gewohnheitseffekt beruht natürlich auf dem Vorurteil, bei Cannabis-Extrakten handele es sich grundsätzlich um illegale Drogen. Cannabidiol wirkt aber überhaupt nicht berauschend, macht insofern nicht süchtig. Verbraucher berichten höchstens von großer Zufriedenheit, weil sie mithilfe von CBD schmerzfreier als zuvor geworden sind oder weil sie mit dem Produkt ihre Krankheit in den Griff bekommen haben.

Nebenwirkungen sind bis dato wenig erforscht. Daher empfehle ich jedem, der CBD anwenden möchte, ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu führen. Wer CBD nimmt, handelt in Eigentherapie.

 

Warum gibt es noch immer so viele Skeptiker und was möchten Sie denen mitteilen, die an CBD zweifeln?

Die Vorurteile gegenüber Hanfprodukten haben sich in vielen Köpfen festgesetzt – auch wenn allmählich ein Wandel spürbar ist. Immer mehr Menschen sind offener geworden und probieren die verschiedenen Naturheilverfahren aus. Auch Hanf ist ein Naturprodukt und gewinnt immer mehr Anhänger. Cannabidiol hat ein großes Potenzial und wirkt auf natürliche Weise. Was CBD in Körper und Seele bewirken kann, ist also kein Hokuspokus, sondern ein rein biologischer Prozess. Ich würde nie behaupten, Cannabidiol hilft zu 100 Prozent, aber es ist eine Chance, verbunden mit der Hoffnung auf ein glücklicheres Leben.

 

 

Warum Hanf?

Hanf gilt seit Jahrtausenden als Heilkraut mit verschiedenen Wirksubstanzen. Der bislang bekannteste Bestandteil ist das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC). Der Konsum von Haschisch oder Marihuana wirkt berauschend. Auf den Wirkstoff Cannabidiol trifft dies nicht zu. Er wirkt entkrampfend und entspannend auf den menschlichen Körper und auf die Psyche. Cannabidiol wird ausschließlich aus weiblichen Hanfpflanzen gewonnen, die einen hohen CBD-Anteil, aber nur sehr wenig THC enthalten. Bei der Verarbeitung werden alle überschüssigen Substanzen herausgefiltert, sodass nur Cannabidiol übrig bleibt. Es ist als Öl, Liquid, Salbe und als Kapsel in der Apotheke erhältlich.

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PS:

Auf jeden Fall erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass gerade ganz aktuell ein neues Arzneimittel mit dem Inhaltsstoff CBD zur Therapie epileptischer Anfälle (im Zusammenhang mit den genetisch bedingten Lennox-Gastaut- oder Dravet-Syndromen) zugelassen wurde und damit durch einen entsprechenden Arzt auch verschrieben werden kann. Es wird dort zum adjuvanten Einsatz bei Krampfanfällen bei Erwachsenen und Kindern ab 2 Jahren eingesetzt. Gerade bei dem frühkindlichen Einsatz zeigten sich die besten Ergebnisse in Form einer signifikanten Reduktion der epileptischen Anfälle in Stärke und Häufigkeit. Damit trug CBD zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität bei.

Durch diese Neuzulassung mit eigener Indikation wird die Erstattung durch Krankenkassen möglich und mit den Diskussionen aufgeräumt, ob es sich wirklich um einen Arzneistoff handelt bzw. aus der dunklen Ecke des Rauschmittelverdachts gerückt.

Quelle: Neue Arzneimittel, ISSN 0724 – 567X, 67. Jg., Nr. 1, Januar 2020

 

 

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