Kate Kitchenham – Dolmetscherin zwischen Mensch und Hund

Mein Hund, mein bester Freund! Dass wir die cleveren Vierbeiner so sehr lieben, ist kein Zufall. Welche Rolle ähnlich tickende Gehirne dabei spielen und was eine glückliche Mensch-Tier-Beziehung ausmacht, verrät Kate Kitchenham im Interview mit Andrea Neuen.

Kate Kitchenham (49) gehört zu den bekanntesten Tierexpertinnen Deutschlands; bei ihr dreht sich alles um den Hund. Die Zoologin und Fachfrau für Mensch-Tier-Beziehungen arbeitet als Wissenschaftsjournalistin, Buchautorin, Moderatorin, und sie bietet Coaching für Hundehalter an. Fernsehzuschauer kennen sie unter anderem aus den beliebten VOX-Sendungen „hundkatzemaus“ und „Tierisch beste Freunde“. Vor gut zwei Jahren startete sie gemeinsam mit Madita van Hülsen den Podcast „4 Pfoten, 2 Beine & 1000 Fragen“, der klassischen Fragen aus dem Hundehalter-Alltag auf den Grund geht. Mit ihrer Familie und Herzenshund Knox, einem neunjährigen Pudel-Terrier-Mischling, lebt Kate Kitchenham in Lüneburg.

Liebe Kate, wann haben Sie Ihr großes Herz für Hunde entdeckt?

Schon als Kind hatte ich ein sehr inniges Verhältnis zu Hunden – meine Mutter hat Labradore gezüchtet, die Welpen waren quasi meine Geschwister (lacht). Aber nicht nur das unbeschwerte Aufwachsen zwischen großen und kleinen Vierbeinern hat den Grundstein für meine Tierliebe gelegt. Ich habe seit jeher große Freude daran, ganz still in der Natur zu sitzen, um Vögel oder kleine Säugetiere in ihrem Lebensraum zu beobachten. Das Gefühl, dieser anderen Tierart ganz nah zu sein, hat mich schon als Kind fasziniert. Ich habe immer versucht, mich in diese anderen Lebewesen hineinzuversetzen, die Welt aus ihrer Perspektive zu betrachten. Starre Grenzen zwischen unserer „Menschenwelt“ und der der Tiere habe ich nie gespürt.

Haben Sie deshalb Verhaltensbiologie studiert?

Oh ja, ich wollte unbedingt mehr erfahren über das, was Menschen und andere Tierarten eint und was sie trennt. Bei allen offensichtlichen Unterschieden, ist es doch unglaublich, wie ähnlich wir Säugetiere uns in vielen Bereichen sind. Heute wissen wir, dass die Gehirne verschiedener Säugetierarten sehr ähnlich funktionieren, auch wenn jede Art natürlich ihre Spezialisierung hat. Der ähnliche Grundbauplan im Oberstübchen macht es unter anderem möglich, innige Beziehungen miteinander einzugehen. Schon lange wissen wir zum Beispiel, dass nicht nur wir Menschen hoch soziale Lebewesen sind, die ein vielfältiges Beziehungs- und Bindungsgeflecht entwickeln können, sondern viele andere Tierarten auch, wie beispielsweise Hunde. Das erklärt, warum Hunde großes Interesse und Freude daran haben, mit uns zu kooperieren, Freundschaften zu schließen und Bindungen aufzubauen.

Welche Eigenschaften von Hunden begeistern Sie am meisten?

Ihre hohe soziale Kompetenz und ihre soziale Intelligenz. Seit etwa 40.000 Jahren gibt es die Gemeinschaft zwischen Mensch und Hund. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Vierbeiner heute meisterlich darin sind, sich in der menschlichen Gesellschaft zurechtzufinden. Sie können unsere Worte und Gesten verstehen und folgerichtig interpretieren, unser Verhalten deuten und ihres daran anpassen … Und sie können an unserer Seite ganz viel lernen. Studien zeigen, dass schon acht Wochen alte Welpen in der Lage sind, sich in ungewohnten Situationen an fremden Menschen zu orientieren. Das ist eine beeindruckende soziale Leistung.

Was macht eine stabile Mensch-Hund-Beziehung aus?

Das Schöne ist, dass Menschen und Hunde sehr ähnliche Bedürfnisse und Erwartungen an Beziehungen haben. Hunde brauchen ganz viel Liebe und Zuneigung, aber auch Sicherheit, Verlässlichkeit und klare Regeln. Wenn es Hundehaltern gelingt, die Erwartungen des Vierbeiners nach Nähe, aber auch nach Orientierung zu erfüllen, ist das die beste Basis für eine stabile Beziehung.

Was müssen Frauchen und Herrchen also tun?

Ihrem Hund von Anfang an Liebe und Schutz geben, ihm aber auch beibringen, wie man sich in unserer Gesellschaft benimmt – im Umgang mit anderen Hunden, mit kleinen Kindern, im Bus, auf Omas 80. Geburtstag … Viele Hundehalter möchten immer nur nett sein und ihren vierbeinigen Freund rundum verwöhnen. Das ist sicherlich verständlich, aber nicht sinnvoll. Wenn wir dem Hund keine Regeln vermitteln und keine Grenzen setzen, wird er orientierungslos und womöglich auch unglücklich. Wer also einen Welpen kauft oder einen Hund aus dem Tierschutz adoptiert, muss wissen, dass er eine große Verantwortung übernimmt. Die Mensch-Hund-Beziehung gleicht der Eltern-Kind-Beziehung – günstig ist ein liebevolles Miteinander mit klar verteilten Rollen.

Was brauchen Vierbeiner noch zum Glücklichsein?

Hundeglück bedeutet unter anderem, mit fröhlichen Menschen ganz viel Spaß zu haben, mit Artgenossen zusammenzukommen, auch mal ohne Leine laufen zu dürfen und generell so viel Freiheit wie möglich zu genießen. Das alles setzt voraus, dass wir Menschen den Vierbeiner gut erziehen und wichtige Kompetenzen fördern müssen. Zu diesen Kompetenzen gehören unter anderem Zuverlässigkeit, auf Ruf muss der Hund immer kommen, sowie Gelassenheit, etwa in neuer Umgebung. Und natürlich darf ein Hund niemals jagen. Wie wir diese Fähigkeiten spielerisch fördern können, beschreibe ich in meinem aktuellen Ratgeber „Die 10 Kompetenzen für Hunde“. Wer das Buch liest, wird schnell merken, dass beim Training nicht nur die Vierbeiner dazulernen, sondern es eigentlich die Hunde sind, die wichtige Kompetenzen in uns trainieren (lacht).

Wo bekommen „frisch gebackene Hunde-Eltern“ Unterstützung bei der Erziehung?

Fachbücher sind eine gute Sache, können die Hundeschule aber nicht ersetzen. Hier kommt es darauf an, dass die Trainer sehr individuell arbeiten, abgestimmt auf das jeweilige Mensch-Hund-Team, dass sie dolmetschen und zeigen, wie man in brenzligen Situationen rechtzeitig eingreifen kann. Günstig ist es, wenn in kleineren Gruppen trainiert wird. Natürlich gibt es bei Hundeschulen große Qualitätsunterschiede. Ich rate Hundehaltern immer: Geht auf die nächste Hundewiese und schaut, welches Mensch-Hund-Gespann gut funktioniert. Und dann fragt einfach, welche Hundeschule die beiden besucht haben.

Welche Augenblicke mit Hund sind für Sie die schönsten?

Ich liebe es, mit meinem Hund Knox die Natur zu beobachten. Wenn wir so dasitzen, kommt es mitunter vor, dass wir Außergewöhnliches, etwa den Gesang eines seltenen Zugvogels, gleichzeitig bemerken und dann beide im selben Moment aufblicken. Dass wir die Natur über Artgrenzen hinweg auf so ähnliche Weise wahrnehmen, hat für mich etwas unglaublich Verbindendes. Was mich an Knox immer wieder begeistert, ist seine beeindruckende Fähigkeit, sich neuen Situationen anzupassen. Immerhin ist er mehrmals in der Woche mit mir im Zug unterwegs, zu neuen Drehorten, an denen er Aufgaben meistern muss, oft vor laufender Kamera. Er ist so klug und zu so krassen Leistungen fähig!

Was tun Sie für Ihre Gesundheit und Fitness?

Knox und ich gehen regelmäßig joggen, das hält mich fit und macht meinen Kopf frei. Im Sommer unterbreche ich die Laufrunde gerne, um im See zu schwimmen. Und jetzt im Herbst mache ich zwischendurch ein paar Fitnessübungen. Generell liebe ich es, mich an der frischen Luft zu bewegen. Aber da sind wir Hundemenschen wohl alle gleich …

Sprechen Sie uns bei Fragen zum Thema oder rund um Tiermedizin gern an.

NuG 9/23
Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette “Naturheilkunde & Gesundheit” Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.