Gemmotherapie – In der Knospe liegt die Kraft

Endlich Frühling! Die Knospen sprießen. Junge Triebe, in denen so große Heilkräfte stecken, dass man Bäume ausreißen könnte.

Die Gemmotherapie (Gemmo ist lateinisch und bedeutet Knospe) ist ein junger Zweig der Pflanzenheilkunde (Zur Phytotherapie finden Sie viele Artikel hier im Blog). Erst in den 1950er- Jahren entwickelte der Arzt Dr. Pol Henry aus Brüssel die Methode und entdeckte in den Knospen das Lebendigste, das Pflanzen zu bieten haben. In Belgien, Frankreich und in der Schweiz machte die Knospenmedizin sofort Furore. Bei uns in Deutschland ist sie jetzt auf dem Vormarsch.

Gemmopräparate gelten in Frankreich und in der Schweiz als Arzneimittel. In Deutschland können sie über die Apotheken bezogen werden. Sie sind als flüssige Lösungen erhältlich, meistens als Mundsprays. Sowohl bei akuten Beschwerden als auch bei chronischen Erkrankungen versprechen sie zuverlässige Hilfe.

Das Wirkspektrum der unterschiedlichen Gemmotherapeutika ist groß. Es reicht von A wie Atemwegserkrankungen bis Z wie Zahnfleischentzündung. Bei leichten Beschwerden kann ein Gemmopräparat als Alleinmittel dienen. Andernfalls kann es andere Behandlungsmethoden ergänzen. Im Akutfall rät man zu kurzen Einnahmeintervallen: jede Stunde zwei bis drei Pumpstöße. Bei chronischen Beschwerden nehmen Sie zwei Pumpstöße zwei bis drei Mal am Tag. Vor und nach dem Sprühen jeweils etwa 30 Minuten nicht essen und nicht trinken, damit sich die Inhaltsstoffe entfalten können. Gemmotherapeutika wirken schnell, weil sie auf die Mundschleimhaut gegeben werden und nicht wie Tabletten ihren Weg durch den Körper nehmen müssen. Trotz ihres – wenn auch sehr geringen – Alkoholgehaltes sind die süßlich schmeckenden Gemmopräparate auch für Kinder geeignet. Für kleine Patienten gilt eine niedrigere Dosierung. Alkoholkranke und Menschen mit Leberschäden sollten vorsichtshalber vorher mit ihrem Arzt sprechen.

 

Von Stefanie Deckers

 

Die Knospenmedizin basiert auf dem Naturgesetz: Jedes Jahr im Frühling sammeln sich in den Jungtrieben und Schösslingen enorme Vitalkräfte, um hervorzusprießen. Die kleinen, noch unscheinbaren Knospen sind so reich an pflanzlichen Wachstumsfaktoren. Nie ist die Zellteilung so aktiv wie jetzt. Abwehrkräfte arbeiten auf Hochtouren. Man spricht vom pflanzlichen Embryonalgewebe, welches sich ständig repariert und reguliert. Knospen sind das blühende Leben – schon jetzt in dieser jungen Phase. Sie stecken voller frischer Flavonoide, ätherischer Öle, Gerb- und Bitterstoffe. Ständig bilden sie neue Proteine und Aminosäuren, die die Jungpflanzen schützen sollen. Welchen Nutzen hat das Knospenmaterial nun für uns Menschen?

 

Kleine Knospe – große Wirkung

Immer und überall werden wir von Keimen und Bakterien attackiert. Sie nisten sich ein und vermehren sich, wenn wir uns nicht ausreichend gegen die Erreger wehren können. Dr. Pol Henry, der Entdecker der Gemmotherapie, sah hier das große Potenzial der Knospenmedizin. In dem frischen Pflanzenmaterial stecken all die Heilkräfte, die wir im Fall einer Erkrankung brauchen können. Für die Herstellung der Gemmopräparate löste Dr. Pol Henry die Extrakte aus den Knospen von verschiedenen Bäumen und Sträuchern und gab sie in eine Mischung aus Alkohol, Glycerin und Wasser. Das Filtrat ergibt die gebrauchsfertigen Produkte. Heute stammt das Knospenmaterial von kultivierten Pflanzen und wird nur im Frühjahr geerntet. In den meisten Fällen handelt es sich um einheimische Bäume und Sträucher, zum Beispiel von der Birke, Linde und von Himbeer- und Brombeerbüschen.

 

Das Wesen der Knospen

Insgesamt sind circa 30 unterschiedliche Gemmotherapeutika auf dem Markt. Die einen wirken ausleitend und entgiftend. Sie sind ideal für eine innerlich reinigende Frühjahrskur. Die anderen dienen der Harmonisierung im Körper, wenn gewisse Funktionsstörungen vorliegen, etwa bei länger anhaltenden Schlafstörungen, bei wiederkehrenden Menstruationsbeschwerden oder bei saisonal bedingten Pollenallergien. Gegen (fast) jedes Leid sprießt eine Knospe. Um zu wissen, wann welches Knospenmittel geeignet ist, müssen wir das Wesen der Pflanze verstehen. Wir haben vier interessante Knospen-Beispiele für Sie.

 

Schwarze Johannisbeere

(Ribes nigrum)

Ribes nigrum ist das bekannteste Gemmopräparat überhaupt. Die Schwarze Johannisbeere hat eine antientzündliche Wirkung und wirkt schon bei kleinen Krankheitsanzeichen. Wenn die Nase läuft und der Hals zu kratzen beginnt, kann Ribes nigrum den Ausbruch einer Erkältung aufhalten.

Wenn Stress die Abwehr schwächt, dann soll die Schwarze Johannisbeere die Nerven beruhigen und die körpereigene Widerstandskraft erhöhen. Kopfschmerzen – auch Migräneneigungen – können sich bessern. Entzündliche Prozesse können im ganzen Körper stattfinden: Sie können die Atemwege betreffen, die Gelenke und auch die Haut. Bei Bronchitis, rheumatischen Beschwerden und bei Ekzemen leistet Ribes nigrum gute Dienste.

 

Himbeere

(Rubus idaeus)

Das Frauenmittel unter den Gemmotherapeutika. Bei schmerzhafter Menstruation, zu starken oder zu schwachen Monatsblutungen greift Rubus idaeus ein und kann das weibliche Hormonsystem wieder in Harmonie bringen. Das Präparat aus der Himbeer-Knospe hilft bei allen Beschwerden, die das Prämenstruelle Syndrom (PMS) betreffen: Brustspannen, gereizte Nerven, Wassereinlagerungen, Kopf- und Bauchschmerzen vor und an den Tagen.

Auch bei emotionaler Unausgeglichenheit, Hitzewallungen und Schlafstörungen in der Menopause soll schon eine geringe Dosierung am Tag reichen.

Rubus idaeus zählt zu den Akutmitteln der Gemmotherapeutika. Sie können Frauen und Mädchen bei hormonellen Störungen schnell helfen: in der Pubertät, während der Menstruation und im Rahmen von Wechseljahresbeschwerden.

 

Hängebirke

(Betula pendula)

Ideal zur Ausleitung und Entgiftung im Rahmen einer Frühjahrskur. Blase und Nieren werden entlastet, weil das Knospenmittel aus der Birke dem Körper hilft, Stoffwechsel- Endprodukte loszuwerden.

Auch Leber und Galle können aufatmen. Betula pendula regt den Fettstoffwechsel an und kann die Therapie bei erhöhten Cholesterinwerten ergänzen.

Gemmopräparate aus der Birke verhelfen dem Körper zu neuer Kraft, wenn ein Infekt mit einer intensiven Medikamenten- Einnahme (z. B. Antibiotika) kürzlich zurückliegt. Heuschnupfen- Geplagte können Betula pendula zur Vorbeugung nehmen, um das Immunsystem zu stärken und auf die Pollensaison vorzubereiten.

Das Knospenmittel aus der Hängebirke können Sie auch kombinieren – am besten mit Ribes nigrum (Schwarze Johannisbeere) –, um Gelenkbeschwerden bei Arthrose, Arthritis oder Rheuma zu lindern.

 

Brombeere

(Rubus fruticosus)

Das Knospenmittel für das hohe Alter.

Wenn die Knochen an Elastizität verlieren, Knorpel sich abbaut und die Gelenke schmerzen, kann Rubus fruticosus ein wichtiger Behandlungsbaustein sein. Die Therapie bei Arthrose, Osteoporose und Rheuma kann Brombeere sinnvoll ergänzen.

Ältere Menschen, die unter chronischen Erkrankungen der Atemwege oder wiederkehrender Luftnot leiden, haben mit Rubus fruticosus ein sanftes Mittel zur Linderung ihrer Beschwerden. Auch bei Raucherhusten soll es sich bewährt haben.

 

 

Mundsprays mit der Kraft der Knospen bekommen Sie in Ihrer Apotheke. Dazu erhalten Sie auf Wunsch auch eine individuelle Beratung. Kontaktieren Sie bei ernsthaften Beschwerden auch Ihren Arzt.

 

 

Naturheilkunde und Gesundheeit Cover 03/19
Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Naturheilkunde & Gesundheit“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.