Appetit auf Insekten

Seit Jahresanfang 2023 ist Deutschland insektenfreundlicher – zumindest was den Einsatz von Grillen und Co. als Lebensmittelzutaten angeht. Wir verraten Ihnen, was Sie dazu wissen müssen.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass weltweit bereits zwei Milliarden Menschen Insekten als Nahrungsquelle nutzen.

Würmer im Brot und Käfer im Müsli? Die könnten uns jetzt häufiger begegnen. Bislang eher ein Produkt für abenteuerlustige Gourmets, findet die Zutat Insekt zunehmend Platz auf dem hiesigen Speiseplan. Dr. Birgit Brendel von der Verbraucherzentrale Sachsen bestätigt: „Die Liste der Produkte, denen Insekten zugesetzt werden dürfen, ist sehr lang.“

„Insekten sind sehr gute Lieferanten für Eiweiss, Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und Mineralstoffe.“

Dr. Birgit Brendel Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen.

Was ist wo drin?

Wie so vieles in der EU ist der Einsatz von Insekten als Lebensmittel gesetzlich streng geregelt. Laut Novel-Food-Verordnung müssen Hersteller die Zulassung für jedes einzelne Speiseinsekt beantragen, zusätzlich wissenschaftliche Daten für eine umfassende Risikobewertung sowie Informationen zu Produkteigenschaften und Verwendungszweck vorlegen. Dr. Birgit Brendel bestätigt: „In den Verordnungen zum Inverkehrbringen einzelner Insekten beziehungsweise insektenhaltiger Zutaten ist genau definiert, in welchen Produkten sie in welchen Mengen enthalten sein dürfen.“ Beispielsweise ist es erlaubt, 25 Gramm Larven des Getreideschimmelkäfers, getrocknet oder als Pulver, in 100 Gramm Getreideriegel zu verarbeiten.

Alles entlarvt!

Keine Angst! Die Referentin für Verbraucherinformation Lebensmittel und Ernährung kann unbemerkten Insektenverzehr ausschließen: „Bei verpackten Produkten können Verbraucher am Zutatenverzeichnis eindeutig erkennen, ob Insekten oder Zutaten daraus enthalten sind.“ Alle Zutaten müssen vollständig aufgeführt sein, also auch Krabbeltierchen. „Es ist für jedes Insekt genau vorgeschrieben, wie es zu kennzeichnen ist“, erklärt Dr. Birgit Brendel. „Und zwar mit lateinischem und geläufigem Namen. Zum Beispiel heißt es dann: Paste aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)“. Bei loser Ware ist es etwas schwieriger, meint sie. „Hier ist kein Zutatenverzeichnis vorgeschrieben, Verbraucher müssen nachfragen. Allerdings muss ein Allergenhinweis auch für die Zutat Insekt pflichtgemäß erfolgen – ist keiner vorhanden, lässt sich daraus schließen, dass kein Insekt drin ist.“ Gleiches gilt für Produkte mit einem Vegan- oder Vegetarisch-Label: Prangt es auf der Packung, ist es tierfrei.

Gute innere Werte

Warum essen Menschen überhaupt Insekten? Weil sie voller wichtiger Nährstoffe sind, wertvolle Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe liefern. In puncto Proteingehalt halten sie mit Rind-, Schweine- oder Putenfleisch locker mit. „Inwieweit sich das Nährwertprofil eines Produktes durch Insektenzugabe verbessert, hängt vom Produkt und der zugesetzten Menge ab“, so die Expertin, „Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen ergab beispielsweise einen vergleichbaren Proteingehalt bei einer Auswahl von Frühstücksgetreiden und mehr Eiweiß in insektenhaltiger Pasta als in gewöhnlicher.“ Für Vegetarier und Veganer sind Insekten natürlich keine akzeptable Eiweißquelle.

Tiere mit Umweltbonus

Heutzutage immer wichtiger: Die Produktion ist im direkten Vergleich weitaus nachhaltiger. Die kleinen Tiere brauchen zwar eine Wohlfühltemperatur von etwa 30 Grad Celsius, aber viel weniger Platz und Wasser als ihre größeren Konkurrenten, und sie verursachen weniger Treibhausgas-Emissionen. Zudem ist ihr essbarer Anteil mit 80 Prozent doppelt so hoch wie zum Beispiel beim Rind.

Es spricht nichts dagegen

Grundsätzlich gilt der Verzehr der zugelassenen Insekten als gesundheitlich unbedenklich, so das Urteil laut einer wissenschaftlichen Bewertung durch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Mögliche Risiken durch Krankheitskeime oder Schadstoffbelastung sind stark abhängig von der Insektenart, dem Futter, den Produktionsverfahren und der weiteren Verarbeitung sowie von der Lebenszyklus-Phase, in der die Insekten als Zutat verwendet werden. „Mikrobiologische Sicherheit ist gegeben, sobald Insekten durcherhitzt werden“, ergänzt Dr. Birgit Brendel. Bei ganzen Insekten ohne derartige Kennzeichnung ist es sicherer, dies vor dem Genuss selbst zu tun.

Allergiker aufgepasst!

Wer allergisch auf Krebs- und Weichtiere oder Hausstaubmilben reagiert, sollte bei Insekten vorsichtig sein. Hilfreich ist der vorgeschriebene Allergenhinweis, sowohl bei verpackter als auch bei loser Ware. Insekten zählen jedoch nicht zu den Hauptallergenen und müssen daher nicht wie Milch oder Gluten in der Zutatenliste besonders hervorgehoben werden.

In Zukunft mehr davon?

Sind Wurm-Burger und Larven-Pasta bald Alltag? Noch gibt es die Produkte selten im stationären Handel, sondern vorrangig im Internet. Für die Mitarbeiterin der Verbraucherzentrale liegt der Knackpunkt in unserer Esskultur: „Hier sind Insekten bislang wenig akzeptiert. Inwieweit sie ein Nischenmarkt bleiben oder in eine breite Produktpalette integriert werden, ist momentan nicht abzusehen.“

Diese Tierchen dürfen rein:

  • Larven des Mehlkäfers, Mehlwürmer, „gelber Mehlwurm“ [Tenebrio molitor],
  • Europäische Wanderheuschrecke [Locusta migratoria],
  • Hausgrille, Heimchen [Acheta domesticus],
  • Larven des Glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers, „Buffalowurm“ [Alphitobius diaperinus],
  • Tropische Hausgrille [Gryllodes sigillatus]*,
  • Männliche Larve der Honigbiene, Honigbienendrohnenbrut [Apis mellifera]*,
  • Larve der schwarzen Soldatenfliege [Hermetia illucens]*.

* Für diese Insekten gelten Übergangsregelungen bis zur endgültigen Entscheidung.

Hier dürfen Insekten rein:

  • Getreideriegel, Brot und Brötchen,
  • Verarbeitetes Getreide und Frühstückscerealien, Porridge,
  • Backwaren und trockene Backmischungen,
  • Teigwaren, Nudeln,
  • Molkepulver, Milchersatzprodukte,
  • Suppen,
  • Gerichte auf Getreide-, Teigwaren- und Pizzabasis, verzehrfertige herzhafte Sandwiches,
  • Snacks, Cracker und Brotstangen,
  • Erdnussbutter,
  • Fleischzubereitungen und Fleischersatzprodukte,
  • Schokoladenerzeugnisse,
  • Nahrungsergänzungsmittel.

Und natürlich stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.

Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette “Naturheilkunde & Gesundheit” Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.