Mikrobiom: Arzneimittel wirken nicht bei jedem gleich

Das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller den Menschen (hier speziell den Darm) besiedelnden Mikroorganismen, ist in seiner Zusammensetzung eine sehr individuelle Sache.

Unter anderem auch damit verbunden sind Nahrungsmittel­unverträglichkeiten, Resorptionsraten von Mineralstoffen aus der Nahrung, Befindlichkeit des Immunsystems etc. Eigentlich scheint daher die kürzlich veröffentlichte Beobachtung einiger Forscher kaum verwunderlich: Sie konnten nachweisen, dass das Mikrobiom die Arzneimittelwirksamkeit und -verträglichkeit oral aufgenommener Arzneistoffe teilweise erheblich beeinflussen kann. Sie haben beobachtet, dass Bakterien des Darmmikrobioms bestimmte Moleküle chemisch modifizieren können, bevor sie resorbiert werden.

Natürlich ist es nicht neu, dass Arzneimittel längst nicht bei jedem Menschen gleich wirken und gleich vertragen werden. Die Ursache wurde aber oftmals individuelle Mutationen in Genen gesucht, deren Proteinprodukte eine Rolle bei der Wirksamkeit und Verträglichkeit bestimmter Arzneimittel spielen. Mittels Gentests lassen sich individuelle Besonderheiten in vielen Fällen erklären – aber viele andere eben auch nicht…

Vermutungen über den Einfluss der Darmbakterien existierten durch wiederkehrende Beobachtungen natürlich. Man konnte Aktivierungen (z.B. Sulfasalazin), Inaktivierungen (z.B. Digoxin) und auch Giftungen (z.B. Sorivudin/ Brivudin oder Irinotecan) beobachten. Bei Giftungen werden harmlose Substanzen zu aktiven Metaboliten umgewandelt.

Mit der Studie wurden neue Begründungen für abweichende Wirksam- und Verträglichkeiten geliefert. Nun bleibt die Frage, wie dieses Wissen bei Therapieüberlegungen insbesondere bei kritischen Medikamenten (z.B. mit geringer therapeutischer Breite oder mit kritischem Dosisfenster) einfließen kann.

Das ist leichter gesagt als getan und wird höchstwahrscheinlich in naher Zukunft im medizinischen Alltag nur eine, wenn überhaupt, kleine Rolle spielen. Die individuelle Untersuchung des Mikrobioms (Zusammensetzung sowie genetische Besonderheiten) wäre nur eine erste Notwendigkeit. Vielmehr bedarf es eines umfangreichen Verzeichnisses von Verträglich- und Wirksamkeiten verschiedener Wirkstoffe untereinander und jeweils einzeln und kombiniert in Bezug gesetzt zu verschiedenen Mikrobiom-Zusammensetzungen.

Aktuell wird es bei normalen Medikationen eher bei der Beobachtung der Wirksam- und Verträglichkeit durch den begleitenden Therapeuten bleiben, der bei Problemen dann reaktiv auf einen neuen Wirkstoff oder ein anderes Medikament umschwenkt.

Lesen Sie auch:


Quellen: