Streit um die Waschbären

Weil sie in der Nähe des Menschen alles für ein bequemes Leben vorfinden, quartieren sich immer mehr Waschbären in Dörfern und Städten ein. Das gefällt nicht jedem.

Die Ausbreitung der putzigen Kleinbären mit der schwarzen Augenmaske sorgt in den betroffenen Gebieten zunehmend für Ärger. Ob ein Waschbär unter dem Dach nur ein lästiger, aber harmloser Störenfried oder mittlerweile schon zu einer Bedrohung für die Artenvielfalt geworden ist, wird aktuell heiß diskutiert.

Problematisches Verhalten

Laut dem Bundesamt für Naturschutz gibt es in Deutschland heute mittlerweile mehr als eine Million Waschbären. In freier Natur besetzen sie schwer zugängliche Verstecke wie Fels-, Baum- oder Erdhöhlen, aber auch verlassene Bauten von Füchsen oder Dachsen. Viel verlockender sind für sie aber Verstecke in Kellern und auf Dachböden, in Garagen, Scheunen oder Ställen. Dort verschlafen die etwa 70 bis 85 Zentimeter großen Tiere den Tag, um in der Dämmerung und nachts auf Futtersuche zu gehen. Auf Komposthaufen, in Papierkörben und Mülltonnen finden sie das ganze Jahr über genügend Nahrung. Dabei benutzen sie die Vorderpfoten sehr geschickt wie Hände, um mit ihren fünf Fingern an einen Leckerbissen heranzukommen. Waschbären sind üblicherweise friedliche Tiere und Menschen gegenüber nicht aggressiv. Sie lassen sich allerdings leicht reizen und können blitzschnell zubeißen. Denn trotz ihres drolligen Äußeren sind Waschbären Raubtiere. Auf ihrem Speiseplan stehen außerdem auch Eier seltener Vogelarten oder die Gelege der extrem seltenen Sumpfschildkröten.

Kleinbären mit Vergangenheit

Die Ersten der ursprünglich in den nordamerikanischen Laub- und Mischwaldgebieten beheimateten Waschbären gelangten vor gut 80 Jahren nach Deutschland. Ein Jäger setzte damals am hessischen Edersee zwei Waschbärpärchen aus. Wegen der kurzen Tragzeit der Weibchen von nur 9 Wochen vermehrten sich die Tiere unkontrolliert innerhalb kürzester Zeit.

Politischer Zankapfel

In den letzten zehn Jahren hat sich das Verbreitungsgebiet der Kleinbären mehr als verdoppelt. Die EU setzte den Waschbär 2016 deshalb auf ihre Liste der invasiven Arten, deren Bestände zum Schutz der heimischen Natur drastisch reduziert werden müssen. Die Tiere werden derzeit in fast allen Bundesländern ganzjährig bejagt, um ihre Bestände unter Kontrolle zu halten.

Naturschützer stehen diesem Jagdeifer jedoch kritisch gegenüber. Sie verweisen auf Untersuchungen, die zeigen, dass eine intensive Bejagung die Ausbreitung der Tiere eher noch verstärkt. Denn sie sind in der Lage, frei gewordene Reviere durch eine gesteigerte Fortpflanzungsrate schnell wieder zu besetzen. Laut dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) ist auch umstritten, ob Waschbären tatsächlich eine Bedrohung für die Artenvielfalt sind. Denn ihre Bestände sind in Deutschland und Europa sehr ungleich verteilt. Aus „Waschbärhochburgen“ wie beispielsweise dem Kreis Höxter in Nordrhein-Westfalen werden zudem stabile, nicht weiter anwachsende Bestände gemeldet. Hier scheint mittlerweile eine natürliche Grenze erreicht. Denn sind alle Reviere von Alttieren besetzt, wandern ihre Nachkommen auf der Suche nach einem eigenen Revier in andere Gegenden ab.

Auf Abstand halten

In Siedlungen, Grünanlagen, Gärten und auf Friedhöfen ist die Jagd auf Wildtiere aus Sicherheitsgründen grundsätzlich verboten. Ungebetenen Besuch vermeiden Sie in Waschbärgebieten daher am besten, indem Sie das Haus und das Grundstück für die Tiere uninteressant machen. Die wichtigste Maßnahme ist, Mülltonnen und Abfälle mit Essensresten unzugänglich aufzubewahren. Stellen Sie Gelbe Säcke erst am Tag der Abholung an die Straße. Um den Kleinbären den Zugang zum Haus zu erschweren, sollten angrenzende Sträucher und die Äste von Bäumen einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter haben.

Auf der Futtersuche infizieren sich Waschbären mit Parasiten und Krankheitserregern wie Flöhen oder Spulwürmern. Das macht sie zu Überträgern von Krankheiten, die nicht nur Haustieren, sondern auch Menschen gefährlich werden können.

Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Unsere besten Freunde“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.