Saisonal schmeckt’s besser – Nelson Müller

Unkompliziert kochen mit nachhaltigen Produkten aus der Region. Wie’s geht, weiß der charismatische TV- und Sternekoch Nelson Müller. Im Interview mit Andrea Neuen spricht er übers Essen mit gutem grünem Gewissen und über die Freude am Genuss.

Selbst kochen mit hochwertigen Zutaten aus der Region: Meisterkoch Nelson Müller plädiert für mehr Nachhaltigkeit in der Küche und macht sich stark gegen Lebensmittel-Verschwendung.

Herr Müller, „Gutes Essen“ heißt Ihr neues Kochbuch: Welche sind die wichtigsten Zutaten?

Die wichtigsten Zutaten für gutes Essen sind die Lust am Kochen, der Spaß beim Einkauf von guten Produkten und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Tierwohl und fairen Handel.

Wo kaufen Sie Lebensmittel am liebsten ein?

Ich kaufe möglichst bei regionalen Lieferanten, bei denen ich weiß, wie die Pflanzen angebaut und die Tiere gehalten werden. Am liebsten kaufe ich dort, wo ich mir schon einmal vor Ort ein Bild von den Herstellungsmethoden oder Haltungsformen verschaffen konnte.

Sind Obst, Gemüse, Käse und Co. aus Hofläden frischer und nachhaltiger als Ware aus dem Supermarkt?

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, weil hier doch so einiges in einen Topf geworfen wird … Wer im Hofladen einkauft, kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass die Produkte ausschließlich vom eigenen Feld kommen. Manch großer Hofladen kauft auch zu. Und manch ein Supermarkt bietet eine große Auswahl an frischen Bio-Produkten aus der Region an. Idealerweise kauft man Lebensmittel bei einem Produzenten seines Vertrauens aus der Region – und fragt im Zweifelsfall nach, woher die Produkte stammen.

Welche Gütesiegel sind eine gute Orientierungshilfe beim Einkauf?

Viele Siegel sind hilfreich, weil sie Auskunft über die Herkunft oder die Haltungsform geben. Das MSC-Siegel für Fisch und Meeresfrüchte weist zum Beispiel auf nachhaltige Fischerei hin. Das ist grundsätzlich gut, doch gehen die Bestimmungen den Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace nicht weit genug. Die bei Fleisch angegebenen Haltungsformen von eins bis vier liefern klare Hinweise, was das Tierwohl anbetrifft. Mit einigen Logos auf den Verpackungen können Verbraucher allerdings wenig anfangen – und kaum einer weiß, was dahintersteckt. Was genau Gütesiegel aussagen, sollten Sie deshalb kritisch hinterfragen.

Gut essen und den eigenen CO2-Fußabdruck verringern: Was raten Sie?

Hier rate ich ganz klar zu Saisonalität, denn uns sollte klar sein, dass Produkte, die keine Saison haben, aufwendig angebaut, transportiert und gelagert werden müssen. Manche Lebensmittel sind allerdings als „Klimakiller“ verschrien, obwohl das so pauschal nicht stimmt. Zum Beispiel Avocados. Hier kommt es darauf an, woher sie stammen. Problematisch ist es, wenn die Tropenfrüchte aus Regionen importiert werden, in denen hierfür Regenwälder abgeholzt werden, Monokultur betrieben wird und es zu wenig Wasser gibt. Anders sieht es beispielsweise in der Dominikanischen Republik aus. Auf den Avocado-Plantagen, die ich dort besucht habe, gibt es genug Niederschlag und somit ausreichend Wasser, das Avocados unbedingt brauchen. Da sieht die Klimabilanz schon deutlich besser aus … Und für Fleisch gilt: Massentierhaltung ist natürlich nicht nachhaltig. Auch für Futtersoja werden artenreiche Regenwälder abgeholzt, und der CO2-Abdruck ist enorm.

Weihnachten steht vor der Tür – was empfehlen Sie allen, die nicht auf Fleisch oder Fisch verzichten möchten?

Bei Fleisch sollte man auf die Haltungsform der Tiere achten. Sie ist auf der Verpackung angegeben oder der Metzger gibt Auskunft. Bei Fisch rate ich, genauso wie bei Obst und Gemüse, saisonal einzukaufen. Die Höhe der Fischbestände, das Laich- oder Wanderverhalten der Tiere spielen dabei eine Rolle. Zudem sollten Verbraucher auf Gütesiegel wie MSC oder ASC für zertifizierte Aquakultur achten. Gute Infos rund um den nachhaltigen Fischkauf bietet zum Beispiel der Fischratgeber des WWF.

Beim Essen sollten wir nicht nur ans Klima, sondern auch an unser Wohlbefinden denken: Welche gesunden Zutaten gehören unbedingt in die Küche?

Ich habe immer hochwertige, kaltgepresste Bio-Öle im Haus. Geschmacksgebende natürliche Zutaten mit heilsamer Wirkung sind Gewürze und Kräuter wie Kurkuma, Petersilie, Dill, Thymian und Rosmarin. Nicht umsonst gilt die mediterrane Küche – mit Zutaten wie Olivenöl, frischen Kräutern und dem natürlichen Antibiotikum Knoblauch – als vorbildlich und rundum gesund.

Mit welchen Zutaten sollten wir beim Kochen geizen?

Generell sollten wir so oft es geht frisch kochen und wenig verarbeitete Produkte verwenden, da diese oft versteckte Fette und versteckten Zucker enthalten.

Wie gelingt es, gut und gleichzeitig preisbewusst zu essen?

Wer selbst mit saisonalen Lebensmitteln kocht, kann viel sparen. Ebenso, wer aus einem Produkt verschiedene Gerichte zubereitet und alles verarbeitet. Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen und kann bei Basics wie Nudeln, Reis und Mehl durchaus auch auf preiswertere No-Name-Produkte zurückgreifen … Sparsam und bewusst zu essen, bedeutet auch: Lebensmittel nicht wegschmeißen! Man kann Reste am nächsten Tag erwärmen oder daraus etwas anderes zubereiten. Aus Brot vom Vortag zum Beispiel ein leckeres Brotmüsli.

Welches ist Ihr Lieblingsgericht?

Mein Lieblingsgericht aus meinem neuen Kochbuch ist das Austernpilz-Gyros mit Kimchi, einem würzigen Gemüsegericht aus Korea. Ansonsten bin ich ein großer Eintopf-Fan.

Was essen Sie an Weihnachten?

Nelson Müller (lacht): Kartoffelsalat und Würstchen!

Nelson Müller

Der sympathische Sternekoch mit ghanaischen Wurzeln ist in Stuttgart bei Pflegeeltern aufgewachsen. Vom Schwabenland bis nach Sylt kochte er in hochkarätigen Restaurants. Heute führt der 43-Jährige sein eigenes Sterne-Restaurant, ein Bistro und eine Kochschule in Essen. Bekannt ist er aus diversen TV-Kochshows und -Dokumentationen, als Juror, Moderator und Buchautor. Neben Kochen ist Singen seine zweite große Leidenschaft. Wie gut er die Töne trifft, stellte er humorvoll im Fernsehen unter Beweis: Als Ballett tanzendes Nilpferd in der dritten Staffel von „The Masked Singer“.

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