Urgetreide: Kernig, köstlich, kostbar

Haben Sie schon einmal Einkorn, Emmer oder Khorasan probiert? Die Urgetreide haben viel zu bieten.

So alt und doch im Trend: Historische Getreidesorten tauchen immer öfter in Bäckereien, Restaurants und Rezeptblogs auf. Was die Lebensmittel aus der Vergangenheit eint, ist die Ursprünglichkeit. Während moderner Weichweizen durch etliche Züchtungs- und Veredlungsschritte über Jahrzehnte hinweg stark verändert wurde, sind Einkorn und Co. genetisch noch genau so, wie sie vor Jahrzehnten auf den Feldern und den Tellern unserer Vorfahren zu finden waren. Bis zum 19. Jahrhundert waren diese Getreide in Europa fast vollständig verschwunden. Dass sie nun wieder gefragt sind, verwundert nicht: Aspekte wie Nachhaltigkeit, Naturbelassenheit, Authentizität, Genuss und Tradition stehen heute hoch im Kurs.

Von Saskia Fechte

Viele Urgetreide wie Einkorn, Emmer und Urdinkel haben bei Anbau und Verarbeitung ihre Besonderheiten, bieten aber dafür verschiedene Vorteile. Sie sind relativ anspruchslos, laugen den Boden kaum aus und kommen ohne Düngemittel besser aus als mit. In Backwaren verarbeitet, bringen Urgetreide Abwechslung auf den Teller. Dabei ist das Mehl nicht alles: Die Sprossen von Einkorn und Verwandten sind kulinarische Highlights auf dem Brot, im Salat oder im Pfannengericht.

Drei Fragen an den Experten Manfred Laukamp, Vorsitzender der Initiative Urgetreide e.V.. Er erklärt, was das Besondere an Emmer und Co. ist.

Wie unterscheidet sich Urgetreide von modernem Getreide?

Alte Getreidesorten wie Einkorn sind sogenannte Spelzgetreide, bei denen das Korn von Hülsen, den Spelzen, umschlossen wird. Der Spelz schützt das Getreidekorn wie eine Art Mantel vor der Witterung und anderen äußeren Einflüssen wie Schädlingen oder Krankheiten. Deshalb benötigen Urgetreide kaum künstlichen Dünger oder Pflanzenschutz. Zudem ist teilweise ein mehrjähriger Anbau möglich, was die Böden schont. Ihr Geschmack macht Backwaren aus Urgetreide darüber hinaus zu exklusiven Köstlichkeiten, mit einem charakteristischen Geschmack und einer intensiven Krumen- und Krustenfärbung.

Welche Vorteile bietet Urgetreide in puncto Ernährung?

Die historischen Getreidesorten haben eine Reihe von ernährungsphysiologischen Vorteilen. Insbesondere Einkorn hebt sich durch einen hohen Nährstoffanteil von gewöhnlichen Getreidearten ab. So ist der Anteil von Eisen und Magnesium beim Einkorn etwas höher als beim heute weitverbreiteten Weichweizen, der Anteil von Zink und Carotinoiden sogar deutlich höher. Dinkel verfügt ebenfalls über einen hohen Zinkgehalt und weist zudem einen hohen Selenanteil auf.

Was muss ich beachten, wenn ich mit Urgetreiden backe?

Allgemein sind Teige aus Urgetreide deutlich knetempfindlicher. So verfügt etwa Einkorn über eher weichere Klebereigenschaften, Emmer hat hingegen sehr straffe Klebereigenschaften. Deshalb arbeitet man bei der Herstellung von Backwaren aus Urgetreide oft mit Vorteigen, zur Aromaabrundung und Teigstabilisierung. Wichtig ist zudem eine schonende Knetung der Teige, eine längere Teigruhe sowie die Zugabe von milden Sauerteigen. Insgesamt ist das Backen mit Urgetreide mit etwas Aufwand verbunden. Mit der richtigen Rezeptur und etwas Geduld kommt man aber ans Ziel. Und der Aufwand lohnt sich!

Urgetreide im Porträt

Einkorn

Auf jedem Ährenabsatz wächst nur ein Korn, daher der Name. Einkorn ist eine der ältesten Kulturpflanzen und die Ur-Mutter des Weizens. Bei den inneren Werten sticht das Carotinoid Lutein heraus. Der antioxidative Pflanzenfarbstoff verleiht dem Getreide eine leicht gelbliche Farbe und ist wichtig für die Sehkraft. Einkorn besitzt ein nussiges Aroma und wird in Feinschmeckerkreisen sehr geschätzt.

Emmer

Der Vorfahr des heutigen Weizens war schon im Alten Ägypten sehr beliebt. Der Schwarze Emmer fällt sofort ins Auge, es gibt außerdem eine rote und eine weiße Variante. Emmermehl ist eher grob, ähnlich wie Grieß, und macht den Teig locker. Es schmeckt würzig und liefert eine gute Portion Beta-Carotin.

Ur-Dinkel

Auch von der aktuell sehr beliebten Getreidesorte gibt es eine Urversion. Der Weizenverwandte erobert sich allmählich einen festen Platz in der Backwelt. Besonders bekannt und beliebt ist die Sorte Bauländer Spelz. Der Geschmack von Ur-Dinkel ist leicht süßlich und erinnert an Nüsse.

Khorasan

Das eher unbekannte Getreide entstand aus der Kreuzung verschiedener alter Weizenarten. Der exotische Name weist auf seinen Ursprung in Persien hin. Mit Khorasan lässt sich sehr gut backen, denn er enthält mehr Klebeeiweiß als andere Urgetreide.

Ur-Roggen

Die alte Variante des heutigen Roggens bringt eine erdige Note ins Gebäck. Ur-Roggen, meist in der Unterart Waldstaudenroggen eingesetzt, wird oft mit modernem Roggenmehl gemischt. Das gröbere Mehl des Urtyps wird häufig für Brote eingesetzt, macht sich aber auch gut in süßen Backwaren mit kräftigem Geschmack, etwa in Lebkuchen.

Mehr Informationen unter: www.initiative-urgetreide.de

Rezept für 1 Laib Topfbrot

Zutaten:
10 g frische Hefe
570 ml lauwarmes Wasser
400 g Ur-Roggen-Mehl
400 g Waldstaudenroggen-Mehl
40 ml Sojasoße
3 EL Kürbiskerne, geschrotet
3 EL Mohn
3-4 EL Sonnenblumenkerne
etwas Butter für die Form

Zubereitung:

Den Ofen auf 220 Grad vorheizen. Hefe mit lauwarmem Wasser verrühren. Die Mehle mit der Sojasoße in eine Schüssel geben, mit der Wasser-Hefe-Mischung verkneten. Luftdicht verschließen, am besten mit Folie abdecken, und für circa eine Stunde an einem warmen Ort aufgehen lassen. Den Teig aus der Schüssel nehmen, auf einer bemehlten Arbeitsfläche kurz durchkneten. Anschließend die Kürbiskerne, den Mohn und die Sonnenblumenkerne einkneten. Einen Topf mit 24 cm Durchmesser ausbuttern, den Brotteig hineingeben. Das Brot mit Deckel für 30 Minuten im vorgeheizten Ofen backen. Den Deckel entfernen und nochmals 25 bis 30 Minuten weiterbacken.

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naturheilkunde-und-gesundheit cover 11-2020
Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Naturheilkunde & Gesundheit“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.