Achtsam atmen

Durch die Nase, mit dem Zwerchfell – wer clever Luft holen möchte, sollte sich auf diese Techniken verlassen: Sie versorgen unseren Organismus mit jeder Menge Sauerstoff und können bei verschiedenen Beschwerden helfen. – Von Stephanie Drönner

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Die richtige Atmung ist pure Medizin: Sie kann, wie Studien belegen, Schlafstörungen und Depressionen lindern, unser Blut besser mit Sauerstoff versorgen, bei Asthma, Bronchitis und COPD helfen, Schmerzen und Sodbrennen ausbremsen. Doch auch wenn wir uns rundum gesund und fit fühlen, lässt sich mit der geeigneten Atmung unser Wohlbefinden noch verbessern. Dazu wichtig: Nasenatmung. Meist holen wir ganz unwillkürlich durch unser Riechorgan Luft, und das ist auch gut so. Denn die Nachteile der Mundatmung spüren wir, wenn wir aufgrund einer verstopften Nase dazu gezwungen sind: Der Mund wird trocken, unser Hals beginnt dabei rasch zu kratzen und Krankheitskeime haben leichteres Spiel. Saugen wir die Luft hingegen durch die Nase ein, filtern die Härchen darin nicht nur Schmutz und Staubpartikel, die Abwehrstoffe der Schleimhaut machen auch Erregern das Leben schwerer. Zudem wird die einströmende Luft so befeuchtet und temperiert, was unserer Lunge guttut.

Vollatmung = voller Erfolg

Wir sitzen mit krummem Rücken vor dem PC, tragen dazu womöglich einen einengenden BH und eine Hose, die uns im wahrsten Sinn des Wortes die Luft abschnürt. Besser: aufrechte Haltung und bequeme Kleidung. Denn so können wir von der Brust- und Schulteratmung in die Vollatmung wechseln. Erstere erkennen wir daran, dass wir kurz und flach atmen. Letztere Technik, die auch Zwerchfellatmung genannt wird, bezieht den ganzen Brust- und Bauchbereich beim Luftholen mit ein. Das ist wichtig, um das gesamte Lungenvolumen zu nutzen und die größtmögliche Sauerstoffmenge aufzunehmen. Bei flacher Atmung wird hingegen nur der obere Teil der Lunge mit O2 versorgt. Konzentrationsstörungen, Erschöpfung und Brummschädel sind häufige Folgen. Wenn Sie eine Extraportion Sauerstoff tanken möchten, sollten Sie beim Einatmen die Hände abwechselnd auf Brustkorb, Körpermitte und seitlich an die unteren Rippen legen und fühlen, wie sich das jeweilige Areal beim Luftholen ausdehnt. Fachleuten zufolge ist diese Art der Atmung die beste, um unser Blut optimal zirkulieren zu lassen. Wir werden ruhiger, ebenso die Herzfrequenz und der Blutdruck. Muskeln entspannen sich.

Zählend zur Ruhe kommen

Wenn’s in bestimmten Situationen besonders stressig zugeht, kann die 4-7-8-Methode helfen. Ihren Namen verdankt sie einem speziellen Atem-Rhythmus: Holen Sie dabei vier Sekunden lang Luft, halten Sie sieben Sekunden den Atem an und stoßen ihn dann acht Sekunden lang aus. Das kann laut Psychologen nicht nur im Akutfall Panikattacken und Ängste lindern, sondern auch beim Einschlafen helfen. Ähnliche Effekte werden der 4711-Technik zugeschrieben: Vier Sekunden lang ein- und sieben auszuatmen – und das über mindestens elf Minuten –, kann auch Migräne-Betroffenen, Lungen- und Asthmakranken Erleichterung bringen. Warum? Bei der 4711-Methode kommen Sie statt auf rund 20 nur auf rund sechs Atemzüge pro Minute. Diese entschleunigte Atmung gaukelt Ihrem Organismus einen Zustand vor, der dem Tiefschlaf ähnlich ist. So entspannen Sie ganz automatisch.

Lieber laut Luft holen

Stöhnen, Seufzen und Gähnen unterdrücken wir häufig aus Höflichkeit – dabei sind es wichtige Ergänzungen unserer Atmung. Etwa zwölfmal pro Stunde atmen wir tiefer ein und aus als üblich, und verbinden dies häufig mit einem kleinen Geräusch. „Schuld“ an Seufzern und Co. sind zwei bestimmte Neuronenanordnungen im Hirnstamm, wo unser Atemzentrum liegt: Sie lösen diese gelegentlichen Abweicher vom üblichen Atem-Rhythmus aus. Mit gutem Grund, ist sich der amerikanische Neurowissenschaftler Jack Feldman sicher: Auf diese Weise würden auch die abgelegeneren Lungenwinkel belüftet und mit Sauerstoff versorgt, zusammengefallene Lungenbläschen wieder aufgerichtet. Auch Gähnen hat enge Verbindungen zum Atemzentrum; wenn wir den Impuls verspüren, sollten wir ihm daher nachgeben. Ein bewusstes Herbeiführen kann ebenfalls hilfreich sein, um unter anderem unsere mentale Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

Wohltuende Wechselwirkung

Um unser Köpfchen auf Zack zu bringen und die Konzentration zu steigern, eignet sich zudem die sogenannte Wechselatmung. Die Methode hat sich außerdem bewährt, um das Herz-Kreislauf-System zu stärken und eine verstopfte Nase zu befreien. Hillary Clinton benutzte die Technik einst für bessere Nerven im stressigen Wahlkampf, wie sie in ihrer Autobiographie „What happened“ gestand. Nachmachen lohnt – auch wenn sie die Präsidentschaftskandidatur verlor. Dazu aufrecht sitzend mehrmals tief Luft holen. Nach einigen Atemzügen das rechte Nasenloch mit dem Daumen zuhalten und durch das linke einatmen. Zum Ausatmen das linke Nasenloch mit dem Ring- und dem kleinen Finger verschließen und die Luft durchs rechte entweichen lassen. Mit dem rechten wieder neu einatmen, dann erneut mit dem Daumen verschließen und durchs linke Nasenloch ausatmen.

Haben wir mit Atemnot zu kämpfen, ob aus Aufregung oder etwa aufgrund einer Allergie, macht uns der Kutschersitz mehr Luft. Nehmen Sie breitbeinig auf der Vorderkante eines Stuhls Platz und stützen Sie die Unterarme auf den Oberschenkeln ab. Den Oberkörper etwas vorbeugen und den Kopf bequem sinken lassen. Das entlastet und weitet Ihren Brustkorb. Diese Übung kann auch mit der „Lippenbremse“ kombiniert werden: Hierbei atmen Sie durch die Nase ein und lassen die Luft langsam durch die gespitzten Lippen entweichen. Dabei einen Ssss- oder Pfff-Laut formen. Übrigens: Auch schlaue Helfer aus der Apotheke unterstützen uns bei der Verbesserung unserer Atemtechniken. So können Atemtrainer dazu beitragen, Ihr Lungenvolumen zu vergrößern. Die Geräte sind auch zur Bekämpfung von Kurzatmigkeit durch Atemwegserkrankungen wie COPD und Asthma geeignet.

Expertenrat von  Apothekerin Isolde Meyer

Frau Meyer, wie funktioniert Riechtraining bei COVID-19?

„Eine Corona-Infektion kann unseren Geruchssinn beeinträchtigen. Fachleute bezeichnen die veränderte Wahrnehmung von Düften als Parosmie – ein Phänomen, das Betroffene oft sehr belastet. Vermutlich greifen die Erreger die Zellen des olfaktorischen Neuroepithels an, das für unsere Duftwahrnehmung verantwortlich ist. Die Forschung geht jedoch davon aus, dass es sich nicht um eine dauerhafte Nervenschädigung handelt, sondern dass sich die Riechzellen wieder regenerieren. Ein individuelles Geruchstraining kann die Erholung stark beschleunigen. Hierzu eignen sich reine ätherische Öle aus der Apotheke. Wenn Sie Ihre ‚Nase‘ schulen möchten, sollten Sie morgens und abends jeweils eine Viertelstunde aufrecht sitzend an verschiedenen, zunächst gut unterscheidbaren Düften riechen. Atmen Sie einige Male gleichmäßig ein und aus, dann verschließen Sie ein Nasenloch mit dem Finger und halten den Duft etwa fünf Sekunden vor das offene. Den Vorgang mehrmals wiederholen und anschließend das Nasenloch wechseln. Konzentrieren Sie sich beim Riechen auf Ihre Wahrnehmung: Können Sie den Duft identifizieren? Was verbinden Sie mit dem Geruch? Die Öle für das Training zum Beispiel auf ein Taschentuch tropfen. Alternativ sind auch selbst zu befüllende Riech-Sticks oder Aroma-Roll-ons aus der Apotheke sehr praktisch.“ Lesen Sie auch: Post-COVID natürlich behandeln

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Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette “Naturheilkunde & Gesundheit” Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.