Blutwurz

Die Blutwurz (Potentilla erecta) ist die Arzneipflanze des Jahres 2024. Die Pflanzenheilkunde erfreut sich über das Potential ihrer Gerbstoffe. Die Wahl erfolgte wie jedes Jahr durch den Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde (Uni Würzburg).

Wie kommt eine Pflanze mit so schön leuchtend gelber Blüte zu diesem blutigen Namen? Das ist ihrem kräftig, knolligen Rizom (Wurzelstock) bei Verletzungen geschuldet. An Bruch- und Schnittstellen bildet dieser durch Oxidation der enthaltenden Gerbstoffe eine deutliche Rotfärbung. Die Wurzel scheint zu bluten.

Die Blutwurz enthält als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe 15 bis 22 Prozent Gerbstoffe, ferner Flavonoide wie Kämperol, Phenolcarbonsäuren wie Kaffee- und Gallussäure sowie Triterpensäuren. Die moderne, wissenschaftlich fundierte Phytotherapie verwendet Zubereitungen aus dem Wurzelstock der Blutwurz innerlich bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen und unterstützend bei akuter und chronischer Darmentzündung sowie äußerlich bei leichten Entzündungen im Mund- und Rachenraum (ESCOP 2013, HMPC der EMA 2019 – mit der Einschränkung als „traditionelles pflanzliches Arzneimittel“).

Die medizinische Verwendung der Fingerkräuter (Potentilla), neben der Blutwurz auch das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans) und das Gänsefingerkraut (Argentina anserina, früher Potentilla anserina), reicht in Europa bis ins Altertum zurück. Sie finden auch bei Hildegard von Bingen, den großen Kräuterbüchern des 15. bis 18. Jahrhunderts und auch im frühen 20. Jahrhundert, z.B. bei Gerhard Madaus ihren Platz.

Vor diesem Hintergrund erscheint es erstaunlich, dass es seit langer Zeit keine Forschung in dieser Richtung zu geben scheint und das alte Wissen droht, in Vergessenheit zu geraten. In der finanziell orientierten Moderne haben Arzneipflanzen ein großes Problem: sie sind meist allgemein Verfügbar und die Möglichkeit zur Patentierung sind eingeschränkt – das macht entsprechende Forschung wirtschaftlich uninteressant.

Angesichts der Häufigkeit von chronischen Verdauungsstörungen von bis zu 30 Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung sollte dies eigentlich Anlass genug sein, entsprechende Entwicklungen zu fördern. Auch aus diesem Grund fiel die Wahl auf die Blutwurz.

Quelle: Weltkulturerbe Klostermedizin

Noch ein Hinweis: Die Heilpflanze des Jahres 2024 ist übrigens der Schwarze Holunder.

PS: In der ersten Version dieses Beitrags wurde im Bild zwar ein Fingerkraut aber nicht speziell die Potentilla erecta abgebildet. Unserer aufmerksamen Leserin und Authorin Dagmar Tischer von wildkraeuterkunde.de ist dies aufgefallen, da sich die Blutwurz durch genau vier gelbe Blütenkronblätter von ihren Artgenossen unterscheiden lässt. Eine Unterscheidung, die auch pharmazeutisch zur Unterscheidung von möglichen Verunreinigungen bei der Eingangskontrolle in Apotheken angewendet wird. Vielen Dank für den Hinweis und das Bereitstellen eines Bildes aus ihrem Archiv.

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