Mikroben – Freunde und Feinde

Einige Mikroben begegnen uns immer wieder. Mal offensichtlich, mal unbemerkt. Als kleinen Nachtrag zu unserem Artikel „Mehr Respekt für Keime“ stellen wir Ihnen einige Vertreter, schlechte wie auch gute, vor.

 

Ein Blick durchs Mikroskop von Saskia Fechte.

 

Schlechte Gesellschaft

Norovirus

Es sorgt regelmäßig für Masseninfektionen und ist schon als Kleingruppe aus 10 einzelnen Viruspartikeln hochgradig ansteckend. Ein Kranker reicht, um ganze Partygesellschaften auszuknocken. Zu allem Überfluss kann das Virus wochenlang auf Türklinken und anderen Gegenständen des täglichen Gebrauchs infektiös bleiben. Seine bevorzugte Zeit ist der Winter. Der Erreger verbreitet sich von Mensch zu Mensch sowie über kontaminierte Speisen. Typische Symptome sind heftiges Erbrechen und Durchfall. Norovirus-Infektionen müssen dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Erkrankte Kinder unter sechs Jahren dürfen erst nach zwei Tagen ohne Symptome wieder in die Kita oder Schule. Berufstätige, die im Job mit Lebensmitteln oder vielen Menschen in Kontakt stehen, sollten ebenfalls so lange freigestellt werden.

Schutzmaßnahmen:

  • Regelmäßig Hände waschen.
  • Speisen gut durchgaren.
  • Kontakt mit Infizierten vermeiden bzw. strenge Hygienemaßnahmen einhalten: Einmalhandschuhe, Desinfizieren von Toiletten, Waschbecken, Türklinken etc.
  • Bett- und Unterwäsche, Handtücher, Putzlappen etc. bei mindestens 60°C mit Vollwaschmittelpulver waschen.

 

Chlamydien

Infektionen mit diesen Bakterien zählen zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten, die Weltgesundheitsorganisation WHO beobachtet seit Jahren eine Zunahme. Frauen sind häufiger betroffen. Das Tückische: 80 Prozent der Infizierten haben keine Symptome, sie geben die Krankheitserreger unwissentlich weiter. Neben Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen sind, je nach Art des Erregers, Erkrankungen von Harnröhre, Eierstöcken, Darm, Augen und Rachen möglich. Auch Entzündungen von Herz, Lunge oder im Bauchraum sowie Unfruchtbarkeit und Eileiterschwangerschaften können Folgen einer Chlamydien-Infektion sein. Die Übertragung geschieht bei ungeschütztem Sex oder bei der Geburt von der Mutter auf das Baby. Frauen bis 25 Jahren und Schwangeren steht ein Screening zur Verfügung. Die Therapie erfolgt mittels Antibiotikum.

Schutzmaßnahmen:

  • Kondome oder Femidome verwenden, auch bei Oral- und Analsex.
  • Nach dem Sex Hände waschen und Sexspielzeug reinigen.
  • Ein Chlamydien-Schnelltest aus der Apotheke verrät, ob Sie den Erreger unbemerkt in sich tragen.

 

Influenza

In regelrechten Grippewellen setzt das Virus ganze Bevölkerungsgruppen schachmatt. Verbreitet wird der Erreger durch Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen sowie über die Hände. Die Symptome wie Fieber, Schnupfen und Muskelschmerzen ähneln denen eines grippalen Infekts, aber: Die »echte Grippe« dauert länger, führt meist zu einem deutlichen Krankheitsgefühl und kann für geschwächte und ältere Menschen sowie Kinder lebensgefährlich werden. Zur Behandlung der erkältungsähnlichen Symptome sind gängige Präparate gegen Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber sinnvoll. Bei kompliziertem Verlauf und Risikogruppen kommen spezielle Medikamente zum Einsatz. Weil sich Influenza-Erreger ständig genetisch verändern, orientieren sich Grippeimpfungen an den Formen der jeweils letzten Wintersaison.

Schutzmaßnahmen:

  • Regelmäßig Hände waschen.
  • Bei erkrankten Familienmitgliedern verstärkte Reinigung und Desinfektion von möglichen Übertragungsflächen: Griffe, Handtücher etc.
  • Impfempfehlungen der STIKO wahrnehmen, vor allem für Kinder, Schwangere, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Herzkrankheiten.

PS: Husten, Schnupfen, Heiserkeit und Grippe sowie der Unterschied zwischen Viren und Bakterien – Erkältungsgeister genau durchleuchtet

 

Herpes

Dieses Virus tragen die meisten Menschen in sich. Die Ansteckung erfolgt über Tröpfcheninfektion, beim Küssen oder Sex. Es versteckt sich an den Nervenwurzeln, nur bei einigen wird es hin und wieder aktiv. Dann spannt und juckt die Haut, es bilden sich schmerzhafte, mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen an den Lippen oder im Genitalbereich.

Wer einmal damit zu tun hatte, erlebt meist weitere Ausbrüche – oft in Zeiten von Stress und Infektanfälligkeit. Das Herpes-Virus kann auf die Augen übergehen, außerdem in der Schwangerschaft eine ernste Gefahr für das Neugeborene werden. Bestimmte Formen sind für Windpocken und Gürtelrose verantwortlich.

Schutzmaßnahmen:

  • Immunsystem stärken.
  • Gläser, Besteck und Handtücher im Akutfall nicht mit anderen Menschen teilen.
  • Bei ersten Anzeichen sofort Herpesmittel auftragen.
  • Kontakt mit den Bläschen vermeiden.

 

Staphylococcus

Die Gattung gehört zur normalen Flora von Haut und Schleimhäuten. Wandert insbesondere die Art Staphylococcus aureus in andere Regionen oder ist der Organismus geschwächt, können Hautbeschwerden, Muskelerkrankungen sowie Entzündungen von Hirnhaut, Lunge und Herz folgen. Die Übertragung geschieht über kontaminierte Lebensmittel, Alltagsgegenstände wie Handtücher oder direkt über die Hände. Das Bakterium kann, abhängig vom Typ, relativ harmlose Magen- und Darmbeschwerden, aber auch Haut- und Wundinfektionen sowie hohes Fieber und Organversagen auslösen. Staphylococcus ist oft im Spiel, wenn es um die gefürchteten multiresistenten Keime geht, etwa MRSA. Diese lassen sich von immer weniger Antibiotika beeindrucken und sind daher schwer zu bekämpfen.

Schutzmaßnahmen:

  • Sorgfältige Hygiene bei der Verarbeitung von Lebensmitteln.
  • Allgemeine Hygienemaßnahmen: regelmäßiges Händewaschen, Reinigen von Küchen- und Sanitärgegenständen.
  • Körperkontakt mit MRSA-Infizierten einschränken, vermehrtes Desinfizieren, Einmalhandschuhe, Mundschutz.

 

 

Zwischen Gut und Böse

Escherichia coli

Das Bakterium lebt millionenfach im Darm. Ob es uns gute oder schlechte Dienste erweist, hängt von der jeweiligen Unterart und seinem Aufenthaltsort ab. Es unterstützt unsere Verdauung, produziert Vitamin K, schützt den Darm vor Entzündungen und ist Bestandteil der natürlichen Abwehrkräfte des Darms. Bestimmte E. coli-Bakterien sind beliebte Zutaten in probiotischen Produkten zum gezielten Aufbau der Darmflora. Solange sie im Verdauungstrakt bleiben, ist alles in Ordnung. Viele Frauen kennen allerdings die Folgen, wenn sich die Bakterien in die Harnwege verirren: schmerzhafte Blaseninfektionen. Magen-Darm-Erkrankungen, aber auch die gefürchtete Sepsis (»Blutvergiftung «) entstehen ebenfalls durch Infektionen mit Escherichia coli.

Schutzmaßnahmen:

  • Sorgfältige Hygiene bei der Lagerung und Verarbeitung von tierischen Lebensmitteln, rohem Obst und Gemüse. Speisen für zwei Minuten auf 70 °C Kerntemperatur garen.
  • Regelmäßige Reinigung von Spültüchern und Handtüchern mit Vollwaschmittelpulver bei 60 °C.
  • Toilettenhygiene: Gründliche Reinigung nach jedem Stuhlgang: von vorne nach hinten.
  • Bei bestehender Harnwegsinfektion: Blasentee, gegebenenfalls pflanzliche Arzneimittel.

 

 

Gute Freunde

Bifidobakterien

Sie sind natürlicher Bestandteil des Magen-Darm-Trakts, der Mund- und Vaginalflora. Sie bilden Milchsäure, die den pH-Wert senkt und für eine gute Verdauung sorgt. Die Bakterien wehren Krankheitserreger ab und stärken das Immunsystem. Bifidobakterien sind gängiger Bestandteil probiotischer Produkte und bringen eine gestörte Darmflora wieder ins Gleichgewicht.

Hilfsmaßnahmen:

  • Probiotika-Kuren können die Bakterien gezielt in der Darmflora ansiedeln – empfehlenswert bei Verdauungsstörungen und nach Antibiotikaeinnahme.
  • Ballaststoffreiche Ernährung und Präbiotika fördern das Wachstum von Bifidobakterien.

 

Bacteroides

Bakterien dieser Gattung leben in großer Zahl im Dickdarm, bauen Nahrungsbestandteile ab und verbessern die Nährstoffaufnahme. Dank der Enzyme, die sie produzieren, können wir schwer verdauliche Kohlenhydrate verarbeiten. Ihr besonderes Talent scheint zu sein, mit dem Nervensystem des Menschen zu kommunizieren. So beeinflussen Mikroben im Darm auch das Gehirn – für Entscheidungen »aus dem Bauch heraus«.

Hilfsmaßnahmen:

  • Stress bremst auch die Darmflora aus. Entspannung sorgt für eine gute Verdauung.

 

Mikrobiom

Mikroorganismen bilden häufig eine Art Lebensgemeinschaft, sogenannte Mikrobiome. Sie nutzen den Schutz der Gemeinschaft und tauschen gegenseitig Stoffwechselprodukte aus. Zugleich halten sie uns schädliche Angreifer vom Leib. Je nach Ort und Zusammensetzung eines Mikrobioms profitieren wir von einer guten Verdauung, einem starken Immunsystem oder optimierter Vitaminversorgung.

Die Zusammensetzung ist etwa so individuell wie ein Fingerabdruck und hängt unter anderem von den Genen, der Ernährung und unserer Umgebung ab.

 

Endoparasiten

Nich vergessen wollen wir schließlich diese Untergruppierung von Mehrzellern, die zu den eher freundlichen Vertretern Ihrer Art gehört und symbiontisch mit dem Menschen zusammenlebt. Zu nennenswerter Berühmtheit hat sie es in dem Standardnachschlagewerk der Medizin „Psyrembel“ gebracht: Die Steinlaus aus der Familie der La­pivo­ra (Erst­be­schreibung 1983).

 

 

Expertenrat

Antibiotika wirken nur gegen Bakterien!
Cathrin Weller, pharmazeutisch-technische Assistentin aus Weissach, erklärt: „Nicht jedes Antibiotikum hilft gegen jeden Keim, daher verschreibt der Arzt das Medikament jeweils passend zum Krankheitserreger. Damit ein Antibiotikum wirken kann, ist die regelmäßige Einnahme immer zum selben Zeitpunkt wichtig. So bleibt die Wirkstoffkonzentration im Körper konstant. Wer sich an die Einnahmevorschriften hält, hilft außerdem, Resistenzen bei den Bakterien zu vermeiden. Leider töten Antibiotika auch nützliche Bakterien in unserem Körper. Zum Schutz oder Wiederaufbau von Darm- und Scheidenflora gibt es Präparate (und eine individuell abgestimmte Beratung) in der Apotheke. Antibiotika wirken nicht gegen Viren. Die meisten Erkältungskrankheiten und grippalen Infekte sind durch Viren verursacht, hier nützen Antibiotika also nichts – es sei denn, eine bakterielle Infektion setzt sich noch obendrauf.“

 

 

Gern beantworten wir Ihre Fragen, sprechen Sie uns einfach an.

 

 

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Text mit freundlicher Genehmigung der S&D Verlag GmbH. Die komplette „natürlich Frau“ bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke als monatliches Special in der „Naturheilkunde & Gesundheit“.