Cholesterin – Gute Fette, schlechte Fette
Cholesterin – je niedriger, desto besser? Stimmt das oder ist nicht alles wahr, was wir über Blutfette zu wissen glauben?
Ein Drittel der Deutschen hat „Cholesterin“ – oft unbemerkt. Bei 40 Prozent von ihnen sind die Werte sogar bedenklich hoch. Zu viel Blutfett gilt als „stiller Killer“, weil lange Zeit scheinbar alles gut läuft. Keinerlei Beschwerden, man fühlt sich gesund, belohnt sich nach einem stressigen Tag mit einem üppigen Essen, lebt bequem ohne körperliche Anstrengung, aber innerlich tickt eine Zeitbombe.
Von Stefanie Happ
Auf die Werte achten
Ein zu hoher Cholesterinspiegel kann die Gesundheit ernsthaft belasten. Mit der Zeit drohen möglicherweise Herz-Kreislauf-Probleme, weil die vielen Fettanteile im Blut die Arterien verstopfen können. Schlimmstenfalls drohen Infarkte und Schlaganfälle. Nicht nur das Herz ist in Gefahr, auch das Gehirn. Fachleute vermuten einen Zusammenhang zwischen Cholesterin und der Entstehung von Alzheimer. Es zahlt sich also aus, auf die eigenen Blutfettwerte zu achten – und sie gegebenenfalls zu senken. Aber wie?
Blutfett reduzieren
Ärzte verordnen bei zu hohem Cholesterinspiegel oft Medikamente, sogenannte Lipidsenker. Die enthaltenen Wirkstoffe heißen Statine, die helfen sollen, die körpereigene Cholesterinproduktion zu reduzieren und das Erkrankungsrisiko zu hemmen. Diese Arzneimittel können sinnvoll sein, sind aber keine Allheilmittel. Patienten können selbst einiges tun, um ihre Blutfettwerte in einen gesunden Bereich zu bringen.
Interview
Die Diplom-Biologin, Ernährungsberaterin und Autorin Dr. Andrea Flemmer weiß, wie es geht. Ihr Interesse gilt den natürlichen Behandlungsmethoden.
Frau Dr. Flemmer, wenn der Begriff „Cholesterin“ fällt, klingeln bei vielen Menschen alle Alarmglocken. Ist Cholesterin wirklich per se eine Bedrohung?
Nein, im Gegenteil. Cholesterin an sich ist lebensnotwendig und erfüllt viele Aufgaben im Körper. Es handelt sich dabei um einen Fettbegleitstoff, der am Aufbau gesunder Zellen beteiligt ist und unsere Nervenzellen schützt. Wir brauchen Cholesterin, um gewisse Hormone zu bilden, die uns vor Entzündungen bewahren und die Knochen stabil halten. Vitamin D kann der Körper nur produzieren, wenn Cholesterin vorhanden ist. Darüber hinaus macht erst das Cholesterin die Fettverdauung möglich. Wir reden also nicht von einer grundsätzlichen Gefahr, die vom Cholesterin ausgeht. Es kommt aber auf die Menge an.
Unter welchen Bedingungen kann uns Cholesterin denn gefährlich werden?
Früher sprach man vom guten und vom schlechten Cholesterin. Heute wissen wir: Es kommt auf das Verhältnis an, wie zwei Arten von Cholesterin zueinander stehen. Die Rede ist von HDL und LDL. Im Sprachgebrauch sind meist nur diese Abkürzungen geläufig. Ansonsten gelten die englischen Bezeichnungen „Low Density Lipoproteins“ (LDL) und „High Density Lipoproteins“ (HDL). Letzteres gilt als das „gute“ Cholesterin. Ich nenne es „Hab Dich Lieb“-Cholesterin, so lässt es sich gut merken.
HDL ist dazu da, um überschüssiges Cholesterin, das vom Körper nicht gebraucht wird, aufzunehmen und zur Leber zu transportieren, damit es abgebaut wird. Je mehr HDL vorhanden ist, desto mehr „schlechtes“ Cholesterin (LDL) wird dem Blut entzogen und unschädlich gemacht. Denn das „schlechte“ LDL hat die Unart, sich in den Blutgefäßen festsetzen und die Arterien verstopfen zu können. Viel LDL bei wenig HDL ergibt also eine ungesunde Mischung. Das Risiko für Herzerkrankungen steigt. Deshalb ist es wichtig, den Gesamt-Cholesterinwert regelmäßig beim Arzt überprüfen zu lassen.
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Ein gesunder Gesamt-Cholesterinwert liegt unter 200 mg/dl. Dieser persönliche Wert fällt geringer aus, wenn Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen etc. im Leben eine Rolle spielen.
Was treibt den Cholesterinspiegel in die Höhe? Ist immer die Ernährung schuld?
Nicht immer. Zum einen produziert der Körper eigenständig Cholesterin. Zum anderen nehmen wir es mit der Nahrung auf – manche übertreiben es allerdings und essen zu fetthaltig. Das wird u. a. erkennbar am Wert der Triglyceride im Blut. Viele Triglyceride sind Anzeichen für eine sehr kalorienreiche Ernährung mit viel Fett und Zucker oder den falschen Fetten. Manchmal spiegeln sie auch andere Faktoren wider: Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel, Stress, spezielle Medikamente wie Kortison, Schilddrüsen-Präparate oder Entwässerungsmittel – solche Faktoren lassen den Cholesterinwert steigen. Selbst die Gene mischen mit. Eventuell ist ein hoher Cholesterinspiegel erblich bedingt. Dann stellt der Körper von selbst zu viel Cholesterin her. Hohe Blutfettwerte sind aber kein Schicksal. Mit einer gesunden Lebensweise lässt sich viel erreichen.
Wie lässt sich Cholesterin auf natürliche Weise kontrollieren oder sogar senken?
Der erste Schritt in ein leichteres Leben ist eine Ernährung mit weniger tierischen Fetten und mehr Pflanzen- und Ballaststoffen. Den größten Cholesterinanteil nehmen wir nämlich mit tierischen Nahrungsmitteln auf. Wer weniger fettes Fleisch isst und stattdessen mehr frisches Gemüse und Obst, ist auf dem richtigen Weg. Der zweite Schritt in eine gesündere Richtung ist Fitness. Körperliche Betätigung verbessert die Fließgeschwindigkeit des Blutes und erhöht die Elastizität der Blutgefäße. Das ist gut für Herz und Kreislauf. Außerdem treibt Bewegung die Fettverbrennung an und kann gleichzeitig Heißhungerattacken verhindern. Täglich 30 bis 60 Minuten moderates Training kann also den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen und hilft natürlich auch beim Abnehmen.
Gibt es spezielle Lebensmittel, die helfen können, den Cholesterinspiegel zu senken?
Stichwort: Mittelmeerküche. In Griechenland, Spanien und Italien erleiden wesentlich weniger Menschen Herzinfarkte als bei uns. Ihr Gesundheits-Geheimnis liegt u. a. in der Ernährung. Wenig Fleisch, stattdessen viel Fisch, frisches Gemüse, knackige Salate, duftende Kräuter, Knoblauch und Olivenöl. Das sind Lebensmittel, die viele Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, zwar auch Fett, aber die gute Variante. Die Rede ist von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die die besondere Eigenschaft haben, dass sie gutes HDL-Cholesterin erhöhen und schlechtes LDL-Cholesterin senken können. Viel davon enthalten ist in Pflanzenölen, insbesondere in Olivenöl. Deshalb beim Kochen und Braten lieber Oliven- oder Sonnenblumenöl verwenden anstelle von Butter, Schmalz oder Speck. Wer auf seinen Cholesterinspiegel achtet, muss also nicht hungern – im Gegenteil. Es gibt spezielle Lebensmittel, die Sie bevorzugt verwenden sollten: Zwiebeln, Knoblauch, Bärlauch, Kakao und Sojabohnen.
Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie sind bekannt dafür, dass sie günstig auf den Cholesterinspiegel wirken, das Herz schützen und die Durchblutung fördern. Studien haben ergeben, dass der Verzehr von Avocados und Nüssen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann.
„Gute“ Fette haben wir nun kennengelernt. Was sind denn „schlechte“ Fette?
Eine neue Erkenntnis ist, dass hauptsächlich die gesättigten Fettsäuren aus Fleisch den Gesamt-Cholesterinwert ansteigen lassen und negativ auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit wirken.
Fleisch- und Wurstwaren sowie Speck und Schmalz sind somit als Dickmacher entlarvt. Das bedeutet nicht, dass Sie gänzlich auf Fleisch verzichten müssen. Es kommt auf den jeweiligen Fettgehalt an. Schweinefleisch etwa hat 25 Prozent Fett, Straußenfleisch hingegen nur 1,2 Prozent.
Bei den Transfettsäuren gibt es keine Ausnahmen. Trans- bzw. Streichfette entstehen durch Erhitzen und sind auf Lebensmittelpackungen als „gehärtete Fette“ deklariert. Sie sind in vielen Fertiggerichten wie Pizza und Pommes enthalten, aber auch in Back- und Süßwaren. Transfettsäuren erhöhen den Triglyceridwert und das schädliche LDL-Cholesterin. Sie sind also eine Gefahr für die Herzgesundheit. Besser sind die ungesättigten Fettsäuren aus Pflanzenölen, Fischen und Nüssen.
PS: Allerdings hat auch das LDL Cholesterin wichtige Aufgaben im Körper, die man als ehesten als Erstversorgung einer entzündlichen Stelle mit einem Pflaster umschreiben könnte. Hier kann es also sogar zu Problemen kommen, wenn man durch eine zu starke Senkung die Reparaturfunktionen des Körpers unterdrückt. Vielmehr sollte an einer Behebung der Ursachen gearbeitet werden, hierzu zählen nach aktueller Forschung auch Belastungen durch Bakterien oder Viren im Blutkreislauf oder mit Feinstaub sein, der sich bis in die kleinsten Gefäße verteilen kann und dort Entzündlichkeiten hervorruft.
Fischöl ist besonders wirksam und beugt vielen cholesterinbedingten Krankheiten vor. Wer pures Fischöl nicht mag, kann auf Fischöl-Kapseln aus der Apotheke ausweichen. Sie punkten mit ihren Omega-3-Fettsäuren, die Herz- Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und cholesterinbedingte Entzündungen im Körper hemmen können.
Noch ein wichtiger Hinweis: Hoch dosierte Fischöl-Kapsel nur in Absprache mit einem Arzt einnehmen.
Was ist Ihrer Meinung nach das größte Cholesterin-Ammenmärchen?
Dass Eier den Cholesterinspiegel erhöhen sollen, ist ein Mythos, der sich noch immer wacker hält. Längst ist aber erwiesen, dass Eier Lecithin enthalten, das die Cholesterinaufnahme hemmt. Ab und zu ein Frühstücksei ist also durchaus erlaubt – auch für alle, die auf ihren Cholesterinspiegel achten.
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