Selen

Selen, benannt nach der griechischen Mondgöttin Selene, ist einer dieser vielen Stoffe, die unser Organismus dringend für die reibungslose Funktion benötigt. Es ist ein „essentielles Spurenelement“. Essentiell bedeutet, dass der Organismus selbst es nicht herstellen kann und ihm somit durch die Nahrung zugeführt werden muss. Als Spurenelemente werden Mineralstoffe bezeichnet, die vom Körper nur in sehr geringen Mengen, also in Spuren, benötigt werden (Massenanteil von weniger als 50 mg/kg im Körper). Dennoch sind sie absolut lebenswichtig. Sie sind z.B. Bestandteil von Enzymen, sind erforderlich zur Bildung von Hormonen, unterstützen Stoffwechselvorgänge oder sorgen für gesunde Haare.

Deutschland ist Selen-Mangelgebiet

Wie Sie auch dem Selen-Steckbrief im Vitalstoff-ABC unserer Website entnehmen können (Link s.u.), ist Deutschland, aber auch ganz Europa, ein Selenmangelgebiet, da in den agrarindustriell genutzten Böden (und somit den geernteten Nahrungsmitteln) sowie in Nahrungsfertigprodukten kaum mehr Selen vorhanden ist. Dies ist besonders seit Mitte der 1980er Jahre signifikant schlechter geworden, seit es wegen einiger potentieller Nebenwirkungen bei sehr hohen Überdosierungen nicht mehr Bestandteil von Düngern sein durfte. Selenmangel kann das Risiko einiger Erkrankungen (z.B. Krebs oder Schilddrüse) steigern und deren Krankheitsverlauf bei andauerndem Mangel verschlimmern. Selbst bei der aktuellen Covid-19 Problematik steuert es als effektiver Radikalfänger und Regenerator radikalfangender Systeme einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung endothelialer Dysfunktionen und damit schweren Nebenwirkungen der Viruserkrankung bei.

Selenmangelsyndrome

Zwei extreme Formen des Selenmangels sind die Kashin-Beck-Krankheit (sich auf Gelenke und Knochenapparat auswirkend – Symptomatisch erkennbar an Deformierung der Extremitäten oder gar Minderwuchs) und die Keshan-Krankheit (Herzmuskelkrankheit). Beide sind in unseren Gefilden aber nahezu nicht beobachtbar.

Wie viel Selen braucht der Körper?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) veröffentlicht stetig aktualisierte Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter, sie gibt den Bedarf eines Erwachsenen mit etwa 60-70 µg pro Tag an.

Viele neue Studien postulieren in speziellen Fällen auch deutlich höhere Dosierungen (vgl. auch unten). Aber bitte immer nur in Absprache mit dem Therapeuten, um Überdosierungen zu vermeiden. Bitte berücksichtigen Sie, dass Selen in zu großen Mengen durchaus toxisch wirken kann (Selenose=Selenvergiftung).

Selen findet sich z.B. in folgenden Lebensmitteln: Paranuss, Cerealien, Meeresfrüchte (Austern), Innereien, Steinpilze, Eier, Thunfisch, Hering, Makrele, Krabben, Rindfleisch, brauner Reis und vielen mehr in geringerer Konzentration.

Bei Überdosierungen im sehr hohen Bereich mit leichter verfügbaren anorganischen Selenverbindungen wurde von reversiblem Haarausfall berichtet, was sich nach Reduktion bzw. Absetzen jedoch wieder normalisieren kann. Daher ist die Zufuhr z.B. in Form von hoch angefütterter Selenhefe, in der das Selen in den Zellen an Aminosäuren z.B. als Selen-Cystein oder Selen-Methionin gebunden ist, bei Dauermedikationen meist die bessere Wahl. Zudem lässt es sich so besser gleichzeitig mit anderen Spurenelementen oder oxidationsempfindlichen Stoffen im Rahmen orthomolekularer Therapien verabreichen, da die Interaktionen untereinander aufgrund der Verkapslung geringer sind.

Die wohl wichtigsten Funktionen von Selen

Baustoff zur Enzymbildung
Selen ist notwendig für die Bildung vieler Enzyme. Enzyme sind eine besondere Klasse von Proteinen mit spezialisierten Aufgaben im Organismus, ohne sie kann kein Stoffwechsel stattfinden. Sie sind an jedem körperlichen Vorgang beteiligt, von der Verdauung bis hin zu den genetischen Vorgängen.

Antioxidans
Selen ist Bestandteil der Aminosäure Selenocystein, die wiederum ein Baustein des Enzyms Glutathionperoxidase ist. Dieses Selenoenzym ist verantwortlich für den Abbau von freien Radikalen bzw. oxidativem Stress (Zellschutz).
Es ist eng mit Vitamin E, Vitamin C und Beta-Carotin verknüpft, da es diese regenerieren kann.

Infektabwehr
Ohne ausreichend Selen wird die Funktion des Immunsystems gestört und Infekte haben größere Chancen durch unseren Schutzmantel zu gelangen.

Wirksamkeit von Impfungen werden verbessert
Eine intakte Immunantwort ist Grundlage für eine erfolgreiche Impfung. Eine Studie belegt, dass Selenmangel die Funktionsfähigkeit des Immunsystems verringern kann. Eine weitere zeigt dies am Beispiel der Polioimpfung, deren Wirksamkeit durch Selengabe gesteigert wurde. (Studienlinks s.u.)

Schilddrüse
Auch hier ist eine ausreichende Selenversorgung wichtig und hilft der Schilddrüse bei ihrer Funktion. Neben zellschützenden Effekten (durch die selenabhängigen Enzyme Glutathionperoxidase und Thioredoxin-Reduktase) ist Selen an der Steuerung von Schilddrüsenhormonen (Aktivierung durch z.B. Dejodase, PS: Jod) beteiligt. Diese Schilddrüsenhormone sind grundlegend wichtig für viele Prozesse im Körper (vgl. unten). Insbesondere bei der dort erwähnten Hashimoto-Thyreoiditis ist Selen von großem, studienbelegten, therapeutischen Nutzen.

Spermienbildung
Für eine normale Spermienbildung braucht der männliche Körper eine ausreichende Selenzuführung. Hier regeneriert es wichtige Radikalfangmechanismen, die zum Schutz vor Fehlbildung und Aufrechterhaltung der Motilität (Beweglichkeit) wichtig sind. Somit ist gerade bei Kinderwunsch auf einen guten Spiegel bzw. entsprechende Substitution zu achten. Darüber hinaus hat Selen auch Zyklus-normalisierende Effekte, ist also für beide Wunscheltern eine gute Wahl.

Haare und Nägel
Selen sorgt letztlich auch für Erhalt und Wachstum unserer Haare und Nägel durch Auswirkungen am Zellzyklus der produzierenden Zellen.

Selen und COVID-19
Bedingt durch eine aktuelle deutsche Studie, kann ein erhöhtes Mortalitätsrisiko mit Selenmangel assoziiert werden. Der Studie zufolge lässt sich bei verstorbenen COVID-19-Patienten signifikant häufiger ein Selenmangel feststellen. Auch bei der Rekonvaleszenz von COVID-19-Patienten könnte der Selenstatus eine relevante Rolle spielen, die Studie unterstreicht bisherige Vermutungen in dieser Richtung und erklärt sich unter anderem durch die radikalfangen Eigenschaften des Selens selbst als auch der selenhaltigen Entgiftungsenzyme, wodurch sich das Auftreten der sog. Endothelialen Dysfunktionen bei schweren Verlaufsformen reduzieren lassen. (Link zu den Studien s.u.)
Hinweis: Der Verweis auf diese Studie stammt von der Firma biosyn, die auch Selenprodukte vertreibt.

Selen ist also eine dieser nicht zu unterschätzenden Kräfte in der zweiten, unscheinbaren Reihe, da es indirekt z.B. über die Enzyme wirkt.

Manchmal muss es etwas mehr sein

Menschen, die erhöhter körperlicher Belastung ausgesetzt sind (bzw. sich aussetzen, wie z.B. Leistungssportler), unter Stress leiden, ein höheres Alter aufweisen, sich einer Dialyse unterziehen, oft viel Blut lassen oder schwanger sind, haben einen erhöhten Selenbedarf. Auch bei Menschen mit Verwertungsstörungen sowie bei Nichtfleischessern gelangt oftmals zu wenig Selen in den Körper.

Insbesondere in (besser noch vor Beginn) der Schwangerschaft ist erhöhter Selenbedarf dringend zu berücksichtigen, da sich ein Selenmangel nachhaltig negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken kann. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Wichtigkeit von Folsäure (Risiko von Neuralrohrdefekten) und Vitamin D3 in der Schwangerschaft und die Kombination dieser drei Stoffe hingewiesen (Vgl. Links am Ende des Artikels). Ist die Enzymsteuerung durch Selen in der Schilddrüse gestört, steigt das Risiko von Fehl- und Frühgeburten sowie von Präeklampsie (hier spielt auch Vitamin D3 eine Rolle). Auch kann sich eine Schilddrüsenunterfunktion der Mutter (und damit erhöhter Blutdruck) negativ auf die Intelligenz des Kindes auswirken. Eine neuere Studie belegt überdies, dass bereits eine subklinische Verlaufsform der Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) einen negativen Effekt bewirkt: Sowohl der IQ als auch die motorischen Werte der Kinder von Müttern mit Hypothyreose waren signifikant niedriger. Gleiches zeigte sich bei euthyreoten Müttern, die jedoch erhöhte TPO-Antikörper (erhöhen das Risiko einer permanenten Schilddrüsenunterfunktion) aufwiesen. Eine durch Selenmangel verursachte Herzinsuffizienz der Mutter kann beim Kind zudem zu Herzfehlbildungen führen und so weiter.

Es fällt auf, dass in Zusammenhang mit Selen immer wieder die Schilddrüse erwähnt wird. Bei Schilddrüsenerkrankungen braucht es dementsprechend auch mehr Selen. In Bezug auf die Schilddrüsenerkrankung „Hashimoto-Thyreoiditis“ haben wir bereits einen lesenswerten Artikel verfasst: Hashimoto-Thyreoiditis – Angriff auf die Schilddrüse.

Therapeutische Einsatzgebiete von Selen

Schilddrüse schützen
Den Angriff auf die Schilddrüse abwehren

Studien belegen positive Effekte bei Adipositas, Astma bronchiale, Atopische Dermatitis (Neurodermitis), Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis), Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Dialyse, Gestationsdiabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Immunschwäche (AIDS, HIV), Krebstherapie (erhöhte Immunkompetenz), Mukoviszidose, Polyzystisches Ovarialsyndrom, Schwangerschaft, SIRS/Sepsis, Veganer sowie Vegetarier, Wundheilung, Zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN).

Außerdem zeigen Studien, dass Patienten/innen mit Sekundären Lymphödemen (eine häufige Nebenwirkung der Krebsthe­rapie, insbesondere bei Brustkrebs) oftmals ein Selendefizit aufweisen (Anteil 44%, bei Lymphödemen Stadium III sogar 78 %) und der Schweregrad mit diesem korreliert. Daraus leitet sich ab, dass bei Lymphödempatienten ein erhöhter Selenbedarf (Natriumselenit) vorliegt.

Bei der Ausleitung von Schwermetallen spielt Selen ebenfalls eine wichtige Rolle, da es bereits durch das Vorhandensein chronischer Belastungen durch die vorhandenen und insbesondere bei der Mobilisierung von Schwermetallen zu höheren Radikalbelastungen im Körper kommen kann, hier sollte es mit weiteren radikalfangenden Vitaminen wie Vitamin A, C, E oder auch Alpha-Liponsäure kombiniert werden, je nach Belastung. Generell sollten alle wichtigen Mineralstoffspiegel vor einer Ausleitung zur besseren Verträglichkeit und Vermeidung von Mängeln bestimmt werden, z.B. in Form einer Urintestung nach Provokation.

Dosierung, Darreichung und weitere Faktoren sollten zusammen mit einem Therapeuten in Abhängigkeit der individuellen Faktoren abgeklärt werden. Auch wir stehen Ihnen beratend sowie ggf. versorgend zur Seite.

Vertiefende Links

Wir beraten Sie gern

Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie in allen Bereichen der Selenversorgung und können Ihnen gegebenenfalls auch entsprechende Supplemente (Nahrungsergänzungen) empfehlen, deren Konzentration und Bioverfügbarkeit Ihren individuellen Bedürfnissen entspricht.