Und was ist mit Jod?

Ballaststoffe top, Jod mangelhaft – Menschen, die vegan leben, sollten den Blick nicht nur auf Vitamin B12 richten. Bei welchen Vitalstoffen hakt es, welche liegen im grünen Bereich?

Von Saskia Fechte

Wer nur Pflanzenkost auf seinen Teller lässt, muss gut informiert sein und planvoll auswählen. Denn das größte Vorurteil gegenüber veganer Ernährung ist nicht ganz unbegründet: ein mögliches Nährstoffdefizit. Die dringenden Empfehlungen, auf Vitamin B12 zu achten, beherzigen die meisten. Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bestätigt: Fast alle Veganer greifen auf Nahrungsergänzungsmittel zurück und sind hier mittlerweile bestens versorgt. Untersuchungen zeigen: Die Baustellen liegen woanders.

Vegan isst schlechter: Jod

Zu wenig Jod ist für viele Menschen in Deutschland ein Thema. Die BfR-Studie bescheinigt gerade einmal jedem Vierten eine ausreichende Versorgung – bei gemischter Kost inklusive Fleisch und Fisch. Unter Veganern sieht die Jod- Situation noch schlechter aus: Gerade einmal acht Prozent liegen im Soll. Jeder Dritte liegt nah an einer schweren Unterversorgung. Dabei ist Jod so wichtig für die Funktion von Nerven und Gehirnfunktionen sowie für die Bildung der Schilddrüsenhormone. Auf der Suche nach guten Jodlieferanten landen wir zwangsläufig bei Seefisch und Meeresfrüchten – keine Option bei veganer Kost. Auch Milch und Milchprodukte, bei denen das Spurenelement aus dem Tierfutter stammt, scheiden aus. Gemüse, Pilze und Saaten tragen jedoch nur geringfügig zur Jodversorgung bei. Hier ist der Boden, auf dem die Pflanzen wachsen, der entscheidende Faktor – und in Deutschland eher mangelhaft. Woher dann genug bekommen?

Angereichertes Speise- oder Meersalz sowie Meeresalgen sind gute Quellen, da das Iod hier in Proteinstrukturen eingebunden ist und somit langsam in die körpereigenen Speicher übernommen werden kann, was überschießende Reaktionen auf die Zufuhr nach vorherigem Mangel auslösen kann. Achtung also auch bei bestimmten Algen: Sie können extrem viel Jod enthalten, was ebenfalls bedenklich ist, besonders bei Knoten in der Schilddrüse oder anderen Erkrankungen dieses wichtigen Organs wie z.B. Hashimoto. Sicher sind Algenprodukte, beispielsweise Nori, mit einem definierten Jodgehalt unter 20 Milligramm pro Kilogramm. Nach Rücksprache mit einem Arzt können außerdem Nahrungsergänzungsmittel, etwa auf Basis von Kelb-Braunalgen, die Lücke gut verträglich schließen.

Zur Iod Substitution eignen sich besonders bei langer Unterversorgung proteingebundene Iodzubereitungen aus Blasentang oder sogar die altbekannte Lugolsche Lösung, die als alkoholfreier Iodtinkturersatz eingesetzt wird. Hier liegt elementares Iod gelöst in einer Kalium-Iodid-Lösung vor, daher wird diese auch oft als Iod-Iod-Kalium Lösung bezeichnet. Das dort gebundene elementare Iod füllt die Gewebsspeicher effektiver und gleichmäßiger als das in normalen Präparaten enthaltene Kaliumiodid auf, so dass es hier weniger zu überschießenden Reaktionen der Schilddrüse auf die Substitution kommt, vorausgesetzt, die Dosis stimmt. Die Lösung ist nämlich deutlich höher dosiert, so entsprechen 20 Tr. etwa einem Milliliter. Dieser enthält 50mg Iod. Somit gehört der Einsatz in therapeutische Hände. Hier kann die Lösung ersatzweise im Rahmen des Katastrophenschutzes eingesetzt werden zum Herunterfahren der Schilddrüsenaktivität z.B. bei einem Reaktorunfall oder anderen nuklearen Ernstfällen.

Vegan isst besser: Ballaststoffe, Vitamin K und Folat

Der hohe Anteil an Gemüse, Getreide und Obst in der Pflanzenküche punktet bei den Ballaststoffen. Die gesunde Konsequenz: bessere Blutwerte hinsichtlich des Cholesterins bei vegan lebenden Menschen. Das bestätigt auch die BfR-Studie. Bei Vitamin K und Folat, dem natürlichen und im Körper aktiven Pendant zur synthetischen Folsäure (Vitamin B9), haben die Gemüseliebhaber ebenfalls die Nase vorn. Hier scheinen eher Mischköstler einen Mangel zu riskieren. Folat zählt bei der Allgemeinbevölkerung, also bei überwiegend fleischessenden Menschen, sogar zu den kritischen Nährstoffen.

Kein Unterschied: Eisen und Vitamin D

Für einige sicher überraschend: Eisenmangel ist keine typische Begleiterscheinung veganer Ernährung, so das Ergebnis des Bundesinstituts. Im Gegenteil: Die Wissenschaftler stellten bei der Zufuhr einen Vorteil bei den Veganern fest. Obwohl Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln vom Körper schlechter verwertet werden kann, waren die Hinweise auf einen Eisenmangel in beiden Gruppen gleich häufig vertreten: Etwa jeder Zehnte ist betroffen und ein Mangel an Vitamin D macht den Eisenmangel noch schlimmer, da die Resorption von Eisen durch ausreichend Vitamin D gefördert wird. Generell liegt die Vitamin-D-Versorgung bei Fleisch- und Pflanzenfans etwa auf gleichem Niveau. Wenig verwunderlich, denn die Hauptquelle Sonnenlicht hat mit der Ernährung nichts zu tun. Glücklicherweise nehmen viele Menschen bereits unabhängig von ihren Essgewohnheiten Präparate ein, um ihren Vitamin-D-Spiegel aufzufüllen.

Vegan und gesund

Etwa ein Prozent der Bevölkerung lebt vegan. Die meisten Fans von Pflanzenkost finden sich unter den 15- bis 29-Jährigen. PS: Finden Sie auch viele weitere Artikel rund um eine vegane Lebensweise.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. empfiehlt Menschen, die sich vegan ernähren möchten:

Nehmen Sie dauerhaft ein Präparat mit Vitamin B12 ein und lassen Sie die Versorgung mit Vitamin B12 regelmäßig ärztlich überprüfen. Wählen Sie sehr gezielt nährstoffdichte und angereicherte Lebensmittel aus, um die Versorgung, insbesondere mit potenziell kritischen Nährstoffen sicherzustellen. Dazu zählen, neben den oben genannten Stoffen, Proteine, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin B2, Calcium, Zink und Selen. Apropos Selen: Gerade dieses Spurenelement stabilisiert in außerordentlichem Maße die Schilddrüse und eignet sich damit hervorragend zur flankierenden und ursächlichen Behandlung der Schilddrüse. So wird auch die Iodzufuhr in den meisten Fällen deutlich besser vertragen. Sie sehen also, dass die Prozesse im Körper ein mannigfaltiges Zusammenspiel vieler Faktoren und äußerer Einflüsse sind.

Lassen Sie sich also gut von Fachleuten beraten und gegebenenfalls die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich kontrollieren. Stellen Sie bei einem festgestellten Mangel Ihre Ernährung um und nehmen Sie so lange Nährstoffpräparate, bis das Defizit behoben ist.

PS: Auch in unserem Vitalstoff-Lexikon: Jod

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Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Naturheilkunde & Gesundheit“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.